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Die Pflegewirtschaft ist, wie die Gesundheitswirtschaft auch, eine Querschnittsbranche. Wichtige Bereiche sind die ambulante und die (teil-)stationäre Pflege. Mit der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnung (GGR) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) kann der Beitrag der Pflege zu Bruttowertschöpfung und Erwerbstätigenentwicklung bemessen werden.
Die ambulante und die stationäre Pflege werden in der GGR dem Teilbereich der medizinischen Versorgung zugeordnet. Dieser Teilbereich hat im Jahr 2021 eine Bruttowertschöpfung von insgesamt 202,1 Milliarden Euro generiert, die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen haben einen Anteil von 22,5 Prozent. Jeder fünfte Euro der Bruttowertschöpfung der medizinischen Versorgung wird damit in der Pflege erbracht.
Ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen erzeugten 2021 zusammen eine Bruttowertschöpfung in Höhe von 45,5 Milliarden Euro (ambulant: 21,5 Milliarden Euro; stationär: 24,0 Milliarden Euro). Damit rangiert die Pflege im Gesundheitswesen an dritter Stelle hinter Arztpraxen (73,1 Milliarden Euro) und Krankenhäusern (61,5 Milliarden Euro).
Bruttowertschöpfung der (teil)stationären und ambulanten Pflege
Die Bruttowertschöpfung in der Pflege ist insgesamt stark gestiegen. Vor allem in der ambulanten Pflege ist die Entwicklung rasant – seit 2012 hat sich die Wertschöpfung auf 21,5 Milliarden Euro fast verdoppelt. Innerhalb der Pflege gibt es eine deutliche strukturelle Verschiebung zugunsten des ambulanten Bereichs.
Auch im Jahr 2021 ist die Bruttowertschöpfung der Pflege weiter gestiegen: Während die ambulante Pflege einen Zuwachs von 7,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichnete, verharrte die (teil-)stationäre Pflege auf dem Wert des Vorjahres.
Die wirtschaftliche Aktivität der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen sorgt für positive Ausstrahleffekte in der deutschen Gesamtwirtschaft. Durch die Verflechtung mit Akteuren aus anderen Wirtschaftsbereichen entstehen (durch indirekte und induzierte Effekte) gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfungseffekte von insgesamt rund 84 Milliarden Euro. Vereinfacht gesprochen: Mit jedem Euro Bruttowertschöpfung in ambulanten Pflegeeinrichtungen gehen 0,94 Euro zusätzliche Bruttowertschöpfung in der Gesamtwirtschaft einher. Bei den stationären Einrichtungen sind es zusätzliche 0,78 Euro je produziertem Euro Bruttowertschöpfung.
Ökonomischer Fußabdruck der ambulanten Pflege
Pflege ist ein Jobmotor
Mit 1,8 Millionen Beschäftigten haben ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen einen Anteil von 23 Prozent an allen Erwerbstätigen der Gesundheitswirtschaft. Jeder vierte Erwerbstätige arbeitet somit in der Pflege. Gemessen an der medizinischen Versorgung beträgt der Anteil sogar 37,5 Prozent. Es ist ein Bereich, der zuletzt stark gewachsen ist und der demografisch bedingt auch künftig wachsen wird.
Erwerbstätige in der (teil)stationären und ambulanten Pflege
Auch bei den Erwerbstätigen in der Pflege zeigt sich, dass der ambulante Teilbereich innerhalb der Gesundheitswirtschaft mit durchschnittlich 4,0 Prozent doppelt so stark gewachsen ist wie die (teil-)stationäre Pflege.
Gegenüber dem Jahr 2012 sind in der ambulanten Pflege somit rund dreimal so viele neue Arbeitsplätze entstanden wie in der (teil-)stationären Pflege. Die ambulante Pflege liegt mit ihrem durchschnittlichen Wachstum deutlich über dem Erwerbstätigen-Wachstum in der Gesundheitswirtschaft insgesamt (1,9 Prozent).
Struktur des Pflegemarktes
In Deutschland gab es Ende 2019 insgesamt 15.380 Pflegeheime und 14.688 ambulante Pflegedienste (siehe Pflegestatistik 2019). In beiden Bereichen arbeitet die Mehrzahl der Beschäftigten in Teilzeit: In den Pflegeheimen sind es 63 Prozent, im ambulanten Bereich sind es 69 Prozent. Im Vergleich zu 2017 ist die Beschäftigtenzahl um 4,2 Prozent in Pflegeheimen und um 8,0 Prozent bei ambulanten Pflegediensten gestiegen.
Im stationären Bereich dominieren die freigemeinnützigen Träger mit rund 53 Prozent. Private Träger haben einen Anteil von 43 Prozent, bei öffentlichen Trägern sind es rund fünf Prozent. Dabei ist die Anzahl der privaten Pflegeheime seit 2011 um über 30 Prozent gestiegen. Im ambulanten Bereich wird die Dienstleistung in der Hauptsache von privaten Trägern angeboten, das sind 67 Prozent. Freigemeinnützige Anbieter haben einen Anteil von 32 Prozent, bei öffentlichen Trägern ist es ein Prozent (Pflegestatistik 2019).
Pflegewirtschaft in den Bundesländern
Gemessen an der Bruttowertschöpfung stellt sich die wirtschaftliche Bedeutung der ambulanten und stationäre Pflege in den einzelnen Bundesländern ganz unterschiedlich dar. Die ambulante Pflege entfaltet insbesondere in den östlichen Bundesländern eine große Bedeutung für die medizinische Versorgung. In den Bundesländern Bremen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ist die medizinische Versorgung in besonderem Maße von der Wertschöpfung durch Dienstleistungen der ambulanten Pflege geprägt.
Bruttowertschöpfungsanteil der ambulanten Pflege an der medizinischen Versorgung
In der (teil-)stationären Versorgung zeigt sich im Vergleich zur ambulanten Versorgung ein anderes Bild. Dort haben die Bundesländer Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen die höchsten Anteile an der medizinischen Versorgung.
Bruttowertschöpfungsanteil der (teil-)stationären Pflege an der medizinischen Versorgung
Pflege braucht mehr Fachkräfte
Bereits jetzt besteht in der Pflegewirtschaft Fachkräftemangel. In der Altenpflege sogar bundesweit. Er wird sich durch die demografische Entwicklung verschärfen. Die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland hängt in entscheidendem Maße davon ab, wie gut es uns gelingen wird, die Fachkräftebasis zu sichern und zu erweitern. Mit der steigenden Anzahl alter und hochaltriger Menschen in unserer Gesellschaft steigt auch der Bedarf an professioneller pflegerischer Versorgung deutlich an. Unvorhergesehene Entwicklungen wie die Corona-Pandemie verstärken den Bedarf zusätzlich. Die Politik hat auf den Fachkräftebedarf mit vielfältigen Maßnahmen reagiert: Ausbildungsoffensive, Vermittlungsabkommen für Pflegekräfte mit Drittstaaten, Modellvorhaben zur Ausbildung für Menschen in und aus Drittstaaten und Abbau der Hürden für die Rekrutierung von Pflegekräften aus dem Ausland sowie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz.
Die Unternehmen der Pflegebranche haben sich bisher auf Maßnahmen konzentriert, die auf eine bessere Ausschöpfung des inländischen Erwerbspersonals ausgerichtet sind sowie die Gewinnung von qualifizierten Pflegekräften aus Europa und aus Drittstaaten.
Die Modellprojekte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Vietnam haben hingegen den Fokus auf die Rekrutierung von Auszubildenden für die Pflege gelenkt. Das BMWK hat im Rahmen von zwei Pilotvorhaben „Ausbildung von Arbeitskräften aus Vietnam zu Pflegefachkräften“ (2012 -2016 Altenpflege, 2016-2019 Krankenpflege) die Chancen einer fundierten Pflegefachausbildung für junge Menschen aus Drittstaaten in Deutschland erprobt. Ziel der Vorhaben war es, dass der deutsche Pflegesektor ausländische Beschäftigte gewinnt, die nach inländischen Standards ausgebildet werden, um den immer größer werdende Fachkräftemangel in der Pflege langfristig zu reduzieren. Den deutschen Pflegeeinrichtungen sollte mit dem Modellprojekt ein Weg aufgezeigt werden, in Zukunft möglichst autonom eigene Kooperationen mit vietnamesischen Partnereinrichtungen einzugehen. Die Evaluationsberichte (2016 Evaluation Altenpflege und 2020 Krankenpflege) sowie ein Leitfaden für Pflegeeinrichtungen (2020) sind das Ergebnis der wissenschaftlichen Evaluation der Erfahrungen in beiden Modellprojekten. Das BMWK-Modellprojekt gilt heute als wegweisend für die Pflegebranche, weil es einen Weg aufzeigt, ausländisches Personal anzuwerben. Faire Fachkräftegewinnung – insbesondere aus Sicht der Auszubildenden – trägt auch dazu bei, dass die ausgebildeten Pflegekräfte gerne in Deutschland bleiben und dort ihre Entwicklungsmöglichkeiten nutzen. Inzwischen wird das BMWK-Modellprojekt erfolgreich in Nachfolgeprojekten umgesetzt.
Hier knüpft die Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie an, um neben Vietnam weitere Länder zu identifizieren, aus denen künftig Auszubildende für die Pflege in Deutschland gewonnen werden können. Die gemeinsam mit Expertinnen und Experten konzipierte Drittstaatenanalyse ermöglicht eine fundierte, nachvollziehbare und ethisch vertretbare Vorauswahl von Ländern außerhalb der Europäischen Union, die als potentielle Partnerländer für die Gewinnung junger Menschen zum Zweck der Pflegeausbildung in Deutschland geeignet sind. Im Rahmen der Studie ist auch eine Handlungsempfehlung für Politik, Arbeitsverwaltung und Pflegebranche entstanden. Sie enthält einen Kriterienkatalog, Länderranking und praktische Hinweise auf nützliche Datenquellen und hilfreiche Webseiten.
Die Studie zeigt, dass ähnliche Modellprojekte in weiteren Drittstaaten anzustreben sind und diese nachhaltig zu mehr Auszubildenden in der Pflege in Deutschland beitragen können.
Die Zuwanderungsdynamik der vergangenen Jahre bietet zudem großes Fachkräftepotential und damit zugleich eine Chance auch für die Pflegewirtschaft. Zur Erschließung dieses Potentials und zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts gilt es, eine zügige Integration der Zugewanderten zu unterstützen. Das schließt die Integration in den Arbeitsmarkt ein. Zur Information für Arbeitgeber dient die Publikation "Ausbildung und Beschäftigung von Flüchtlingen in der Altenpflege".
Nach der Pflegestatistik waren in Deutschland Ende 2019 gut 4,1 Millionen Menschen pflegebedürftig. Nach Angaben des BMG betrug die Zahl der Pflegebedürftigen 2018 bereits 3,9 Millionen. Das ist ein Anstieg von 34 Prozent im Vergleich zu 2015, also vor Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zum 01. Januar 2017.
Knapp zwei Drittel (63 Prozent) der Pflegebedürftigen sind Frauen. 80 Prozent der Pflegebedürftigen sind 65 Jahre und älter. Der Anteil der über 85-jährigen beträgt 34 Prozent.
Vier von fünf (80 Prozent) der Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt, das sind 3,3 Millionen.
Die häusliche Pflege von 2,1 Millionen Pflegebedürftigen übernehmen ausschließlich Angehörige, weitere 983.000 Menschen werden zu Hause zusammen mit oder vollständig von ambulanten Pflegediensten versorgt.
818.000 Pflegebedürftige (rund 20 Prozent) werden in Heimen vollstationär betreut (im Schnitt 62 Pflegebedürftige pro Pflegeheim).
Weiterführende Informationen
Externes Angebot -
Externes Angebot:Handlungskatalog: PflegeZukunft kompetent gestalten: Ein Instrumentenkoffer für kleine und mittlere Unternehmen zur Fachkräftesicherung (Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie; jetzt: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) (PDF, 2,5 MB)