Die Lage in der Seeschifffahrt wurde in den Jahren vor der Pandemie maßgeblich durch ein Überangebot an Schiffsraum geprägt. Die hohe Zahl an Schiffsneubauten hatte die Schifffahrtsmärkte zusätzlich belastet. Durch die zunehmenden Unsicherheiten durch Piraterie (insb. am Roten Meer) haben sich die Schifffahrtsrouten verlagert. Der längere Weg um das Kap der guten Hoffnung (Afrika) herum, verlängert die Fahrzeiten und bindet Schiffsraum. Die Nachfrage nach Schiffen ist gestiegen, weniger Schiffe werden abgewrackt. Die fehlenden Impulse für eine wirtschaftliche Belebung in Europa trüben zwar die Aussichten für den Handel ein, trotzemerwartet die Branche, dass Europa und Deutschland stärker in die Umrüstung der Hafeninfrastruktur investiert, um die Umstellung der Schifffahrt auf klimafreundliche Technologien zu forcieren.

Die weltweite Containerschiffsflotte ist 2023 auf 5.823 Containerschiffe angewachsen (2018: 5.286 Schiffe). Bei den neu auf den Markt gekommenen Schiffen handelt es sich überwiegend um sehr große Containerschiffe, wohingegen vor allem kleinere Einheiten verschrottet werden. Im Bereich Containerschifffahrt verfügt Deutschland über rund 11,6 Prozent der weltweiten Containerschifffahrtskapazitäten nach TEU und liegt damit weltweit auf Platz eins.

Die deutsche Handelsflotte besteht insgesamt aus 1.695 Schiffen (Stand 30.04.2024) und liegt damit weltweit auf Platz 7. Davon fahren 261 Schiffe unter deutscher Flagge. Während die Anzahl der Schiffe seit 2012 abgenommen hat und sich langsam auf niedrigem Niveau stabilisiert, hat die bereederte BRZ (Bruttoraumzahl) zugenommen, da die Flotte inzwischen mit größeren Schiffen unterwegs ist. Die BRZ bezeichnet die gesamte Größe eines Schiffes (in ) multipliziert mit dem Faktor K1 (K1 liegt zwischen 0,22 und 0,32). Bereedert wurden mit der deutschen Handelsflotte Anfang 2024 insgesamt rund 44 Mio. BRZ, bzw. unter deutscher Flagge knapp 8 Mio. BRZ.

Die Entwicklung der des deutschen Registers und der Deutschen Flagge ist weiterhin leicht rückläufig. Zur Sicherung des maritimen Know-hows ist es wichtig, den Rückgang aufzuhalten. Gemeinsam mit den Bundesländern hat die Bundesregierung im Jahr 2016 mit einem Gesamtpaket Rahmenbedingungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Flagge geschaffen. Dazu gehören 100 Prozent Lohnsteuer-Einbehalt, eine passgenaue Erstattung der Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung und eine Anpassung der Nationalitätenvorgaben in der Schiffsbesetzungsverordnung. Darüber hinaus werden Ausbildungszuschüsse für Schiffsmechanikerinnen und -mechaniker (32.000 Euro), Nautische Offiziersassistentinnen und -assistenten (16.000 Euro) sowie Technische Offiziersassistentinnen und -assistenten (21.000 Euro) gezahlt. Das Gesamtpaket ist geprägt von dem Gedanken, qualitativ hochwertige Ausbildung und Beschäftigung am deutschen Schifffahrtsstandort zu erhalten und damit maritimes Know-how in Deutschland zu sichern. Das Paket ist bis 2027 verlängert. Eine Modernisierung der deutschen Flagge erfolgt aktuell nach einer Befragung der Stakeholder.

Die Zurückhaltung wichtiger Banken in der Schiffsfinanzierung und der daraus resultierende Mangel an Fremdkapital hat die Lage insbesondere für kleine und mittlere Charterreedereien in Deutschland zusätzlich verschärft