Trotz des schwierigen Umfeldes sieht die Bundesregierung bei der Sicherstellung der Gasversorgung für diesen Winter deutliche Fortschritte. Das betrifft die Speicherbefüllung, die Versorgung über andere Lieferwege als russische Pipelines und neue Anlandekapazitäten für Flüssiggas. Insbesondere die Gasspeicherfüllstände sind in den vergangenen Wochen dank der regulatorischen Vorsorgemaßnahmen der Bundesregierung und des aktiven Einkaufens von Gas mit von der Bundesregierung bereitgestelltem Geld stark gestiegen. Das Oktober-Speicherziel von 85 Prozent dürfte schon Anfang September erreicht werden.
Damit kann im Winter planmäßig Gas aus den Speichern in den Markt gegeben werden, und zwar entlang dem gesetzlich vorgegebenen Ausspeicherpfad: Die Speicherfüllstände dürfen dementsprechend wieder auf 40 Prozent im Februar 2023 sinken.
Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, erklärte: „Es sind fraglos schwierige Zeiten. Aber trotz der schwierigen Umstände kommen wir voran. Es gelingt, russisches Pipelinegas zu einem sehr großen Teil zu ersetzen. Gas kommt auf anderen Wegen zu uns. Die Speicher füllen sich schneller als vorgegeben. Wenn die Nord Stream Pipeline 1 Ende August für die angeblich technische Wartung auf null geht, dürften wir schon das Oktoberziel nahezu erreicht haben. Das Gas in den Speichern werden die Unternehmen dann über den Winter planmäßig ausspeichern können, um auch darüber Industrie und Haushalte zu versorgen.
Auch die Arbeiten an den schwimmende Flüssiggasterminals schreiten planmäßig voran. Vereinbarungen für die nötigen Gaslieferungen sind geschlossen. Zwischen Deutschland und den Niederlanden und Belgien werden die Kapazitäten ebenfalls erhöht. Frankreich, bisher Abnehmer von deutschem Gas, will ebenfalls Gas nach Deutschland liefern.
Es ist eine sehr anspruchsvolle Lage und große Einsparungen sind definitiv weiter nötig, aber wir sind als Land vorbereitet.“
Die Punkte im Einzelnen:
Speicher: Einspeicherpfad und Ausspeicherpfad
Die Gasspeicher füllen sich dank der Vorsorgemaßnahmen schneller als erwartet. Schon jetzt nähern wir uns dem Oktober-Ziel von 85 Prozent. So betrug der Speicherstand am 26.8.2022 82,2 Prozent, das entspricht rund 201 Terrawattstunden.
Dass die Speicherbefüllung gut voranschreitet, ist wichtig, denn mit den großen Mengen, die Deutschland an Speicherkapazität insgesamt besitzt, sind die Speicher für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Winter relevant. So verfügt Deutschland über das mit Abstand größte Speichervolumen für Erdgas in Mittel- und Westeuropa (24 Mrd. m3). Bei planmäßig vollen Speichern kann die Bundesregierung im Winter dann auch entlang dem gesetzlich vorgegebenen Ausspeicherpfad das Signal senden, dass der Marktgebietsverantwortliche Trading Hub Europe wieder Gasmengen in den Markt zurückgegeben kann. Der gesetzlich vorgegebene Ausspeicherpfad sieht vor, dass die Speicherfüllstände bis Februar 2023 wieder auf 40 Prozent sinken dürfen.
Schaut man auf die einzelnen Speicher, ist die überwiegende Mehrheit der Speicher aufgrund des neuen Gasspeichergesetz zu deutlich über 80 % bzw. deutlich über 90 % gefüllt. Auch bei den Speichern, die von russischen Unternehmen genutzt wurden und daher bis ins Frühjahr hinein historische Tiefstände aufzeigten, geht die Einspeicherung zügig weiter, gerade weil die Bundesregierung hier Regeln geschaffen hat, die den Zugriff auf die Speicher und die Anordnung der Befüllung erlauben.
So z.B.
| 1. Mai | 26. August |
Rehden | 2 % | 64,86 % |
Wolfersberg | 9 % | 60,35 % |
Katharina | 0 % | 72,69 % |
Damit wirken sich die Vorsorgemaßnahmen, die Bundesregierung unternommen hat, positiv aus.
Die ergriffenen Maßnahmen für die Einspeicherung sind:
- Gasspeichergesetz (am 30.4.22 in Kraft getreten). Es verpflichtet alle Betreiber in Deutschland, ihre Speicher schrittweise zu füllen. Die Füllstände der Speicher waren im Winter 2021/2022 historisch niedrig, der Speichermarkt weitgehend unreguliert, Speicher füllten sich kaum. Mit der durch die Bundesregierung vollzogenen Regulierung wird die Vorsorge weiter gestärkt. Das Gesetz sieht eine kontinuierliche Speicherbefüllung bis zum Winterbeginn vor und dann einen Ausspeicherpfad auf bis zu 40 Prozent bis zum 1. Februar. Über den Ausspeicherpfad wird sichergestellt, dass die Unternehmen im Winter planmäßig Gas aus den Speichern in den Markt geben, um auch darüber Industrie und Haushalte zu versorgen. Mit dem Ausspeichern im Winter wird das Angebot im Markt erhöht, was einen dämpfenden Effekt auf Preise haben kann.
- Der sog. Marktgebietsverantwortliche Trading Hub Europe, eine Tochtergesellschaft aller Gaspipeline-Betreiber in Deutschland, bekommt mit dem Gasspeichergesetz einen umfassenden Instrumentenkasten, um einerseits das Einspeichern jetzt bis zum Winter sicherzustellen und andererseits gibt er dann auf Signal der Bundesregierung im Winter wieder Gas in den Markt zurück
- Per Ministerverordnung wurden die Zielmarken für die Füllstände bei den Gasspeichern zudem noch einmal geschärft. Konkret wurde für den 1. September 2022 ein neues Zwischenziel von 75% eingezogen, das Ziel zum 1. Oktober von 80 % auf 85 % erhöht, zum 1. November von 90 % auf 95 %. Die zusätzlichen 5 Prozentpunkte bedeuten im Maximum zum 1. November eines Kalenderjahres ca. 1 Milliarde Kubikmeter mehr Gas (ca. 12 TWh). Die hierfür notwendige Ministerverordnung ist am 28.7. in Kraft getreten. Damit ist genügend Gas vorhanden, das dann im Winter entsprechend der Vorgaben (40 Prozent im Februar) wieder ausgespeichert wird.
- Für Speicher mit besonders niedrigen Füllständen hatte das BMWK zudem per Ministerverordnung ermöglicht, dass diese über den Marktbebietsverantwortlichen Trading Hub Europe befüllt werden können.
- Zudem hatte die Bundesregierung schon im Frühjahr mit einem Ankaufprogramm die Beschaffung von Gas durch den Marktgebietsverantwortlichen Gas (Trading Hub Europe, THE) vorangetrieben; das Programm vom 1. März 2022 ist mittlerweile abgeschlossen. Insgesamt konnten rd. 950 Mio. m³ Erdgas erworben werden, die in die Speicher eingebracht wurden.
- Zusätzlich hat die Bundesregierung weitere 15 Milliarden Euro als Kreditlinie für THE zur Verfügung gestellt, damit die Speicherbefüllung tatsächlich umgesetzt und beschleunigt werden kann. So kann der Marktgebietsverantwortliche die Befüllung von Speichern mit niedrigen Füllständen übernehmen, zu denen insbesondere die Speicher in der Hand von Gazprom Germania (inzwischen als SEFE unter Treuhandverwaltung der Bundesregierung) gehören. Damit konnten die Speicherstände trotz des schwierigen Marktumfelds, insbesondere seit den reduzierten Gasflüssen aus Russland, weiter gefüllt werden.
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Darüber hinaus hat sich das BMWK mit dem österreichischen Energieministerium auf Modalitäten für die Befüllung von Speichern geeinigt, die auf österreichischer Seite liegen (Haidach und 7-Fields) und ebenfalls für die Versorgung Deutschlands wichtig sind, insbesondere für den Süden des Landes.
Gesunkene Abhängigkeit, alternative Routen
Der Bezug von russischem Gas ist deutlich gesunken, natürlich auch in Folge der russischen Lieferkürzungen. Im August kamen nur neuneinhalb Prozent des Gasverbrauchs über die russischen Pipelines (Quelle BDEW), dabei ist allerdings der Sommereffekt zu berücksichtigen, so dass es hier in den nächsten Wochen und Monaten Schwankungen auch nach oben geben kann. Das Gros der russischen Pipeline-Importmengen wurde aber – und das ist die gute Nachricht - über andere Wege kompensiert. So wurden in den vergangenen Monaten der Erdgasbezug aus Norwegen und den Niederlanden sowie LNG-Importe signifikant gesteigert. Auch Belgien hat seit April die Gaseinspeisung erhöht. Frankreich, das bislang russisches Gas über Deutschland bezogen hat, will den Gasstrom nun umkehren und voraussichtlich ab Herbst Gas nach Deutschland liefern. Dazu wurden in den vergangenen Wochen in einem intensiven Austausch zwischen den zuständigen Behörden und Ministerien der beiden Länder organisatorische und technische Probleme geklärt. Die Niederlande, die ihre Anlandekapazitäten für Flüssigerdgas (LNG) ausbauen, verfügen ebenfalls über Transportkapazitäten, um die Einspeisemengen nach Deutschland zu steigern.
Neue Anlandekapazitäten für diesen Winter (22/23)
Zum Jahreswechsel 2022/2023 sollen zwei schwimmende Flüssiggasterminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel in Betrieb gehen. Über diese von der Bundesregierung angemieteten FSRUs stehen bis zu 10 Mrd. m³ Importkapazität zur Verfügung (Brunsbüttel zunächst Einspeisungskapazitäten 3,5-4,5 m3). RWE, Uniper und EnBW haben in dem am 16.08.2022 unterzeichneten Memorandum of Understanding (MoU) zugesichert, die beiden FSRUs bis mindestens 31. März 2024 zu beliefern und dabei die ihnen zugewiesenen Slots zu 100% zu nutzen.
Zusätzlich ist ein privates Projekt in Lubmin geplant. Laut Betreiber soll es voraussichtlich Ende 2023 operativ sein und eine Kapazität von 4,5 Mrd. m³ haben.