Mit Einsatzgebieten wie der Lasertechnologie, Kernspintomografie oder Positionsbestimmung aus dem Weltraum eröffnet die Nutzung quantenphysikalischer Effekte schon seit vielen Jahrzehnten volkswirtschaftlich bedeutsame Produktinnovationen. Gegenwärtig entstehen neue Technologien und Anwendungen, die quantenphysikalische Effekte noch erheblich gezielter nutzen als in der Vergangenheit. Die neuen Technologien – so genannte Quantentechnologien der zweiten Generation – nutzen jüngere Erkenntnisse aus der Quantenphysik systematisch

  • um höchstpräzise und -sensible Mess- und Abbildungsverfahren zu ermöglichen, damit neuartige Quantensensoren, etwa für den Automobilbereich oder die Raumfahrt und darauf aufbauende wirtschaftliche Geschäftsfelder, entstehen können,
  • um bestimmte hochkomplexe Rechenaufgaben aus der Grundlagenforschung - perspektivisch aber auch der industriellen Forschung und Entwicklung – mithilfe von Quantencomputern wesentlich schneller zu lösen als herkömmliche Supercomputer dies könnten, und
  • um maximal sichere Kommunikationsverfahren bereitzustellen, die vor der Entschlüsselung durch Quantencomputer sicher sind (Quantenkommunikation und -kryptografie).

Quantentechnologien der zweiten Generation weisen aufgrund ihrer grundlegend anderen Funktionsweise als herkömmliche Informationstechnologien enormes disruptives Potential auf, um Wissenschaft und Wirtschaft nachhaltig zu verändern. Dazu gehören neue Erkenntnisse etwa in der pharmazeutischen Chemie oder in der Materialwissenschaft ebenso wie eine Steigerung des Wachstums, der Wettbewerbsfähigkeit und der gesamtstaatlichen Sicherheit.

Der Technologiesprung durch Quantentechnologien beginnt jetzt schon: Versuche zur Setzung globaler Technologiestandards, etwa in der Quantencomputersteuerung mittels Programmiersprachen, werden bereits unternommen. Die Bildung und das Wachstum von Zulieferermärkten für Quantentechnologien (z.B. Kühltechnologie, Vakuumsysteme, Verkabelungen) ist ebenfalls schon in vollem Gange.

Deutschland verfügt über eine herausragende Stellung - nicht nur, aber besonders im Bereich der quantenphysikalischen Grundlagenforschung. Durch den Aufbau einer engen Verbindung von Exzellenz in der Forschung mit dem Transfer in die Produktentwicklung, will die Bundesregierung Deutschland rasch zu einem Spitzenstandort der industriellen Herstellung von Quantentechnologien entwickeln. Ziel ist, dass Deutschland auf wesentlichen Quantentechnologiemärkten wirtschaftlich und technogisch an der Weltspitze konkurrenzfähig ist.

Dabei soll nicht nur die Herstellung eigentlicher Quantentechnologien priorisiert werden, sondern ebenso stark die vorgelagerte industrielle Komponentenfertigung, sowie die nachgelagerte, besonders hohes Wertschöpfungspotenzial versprechende Entwicklung neuer Anwendungen, etwa die kommerzielle Bereitstellung von Rechenkapazitäten auf Quantencomputern über digitale Plattformen.

Im Sommer 2020 hat die Bundesregierung für Quantentechnologien, insbesondere das Quantencomputing, im Konjunktur- und Zukunftspaket 2 Mrd. € bereitgestellt. Beim BMWK stehen davon in den nächsten Jahren Mittel mit einem Gesamtvolumen von 878 Millionen € zur Verfügung, von denen ein ganz wesentlicher Teil zur Förderung der industrienahen Entwicklung eines Quantencomputers und entsprechender Anwendungen zu Forschungszwecken durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt eingesetzt werden wird. Ferner werden bestehende BMWK-Förderprogramme im Bereich der Quantenkommunikation und der Raumfahrt erweitert (PlanQK und Nationales Raumfahrtprogramm) und ein Kompetenzzentrum bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) weiter ausgebaut. Die PTB ist an der Entwicklung von Basistechnologien zu Quantencomputern beteiligt und sieht Maßnahmen zu den Themenfeldern Quantencomputing, Quantenkommunikation, Quantenkryptographie und Quantensensorik vor.

Quantencomputer

Die Manipulation von einzelnen Teilchen wie z.B. Ionen, Photonen oder Neutral-Atomen ermöglicht den Bau von sogenannten Quantencomputern. Diese nutzen quantenphysikalische Effekte, um bestimmte mathematische Operationen viel schneller als herkömmliche Supercomputern auszuführen.

Dabei steckt die Bereitstellung universell einsetzbarer, fehlerkorrigierter Quantencomputer, die echte „Quantenvorteile“ bei der Lösung industriell relevanter Problemstellungen zeigen könnten, noch in den Anfängen. Viele Einzelaspekte sind gut verstanden, aber die Integration von Gesamtsystemen stellt Forschung und Wirtschaft in den nächsten Jahren noch vor große Aufgaben.

Gelingt der Bau universell einsetzbarer Quantencomputer, werden diese für unsere Gesellschaft, Wirtschaft und Sicherheit in Zukunft unverzichtbar sein. Das BMWK fördert deshalb beim Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in den nächsten vier Jahren den Bau eines Quantencomputers und die Entwicklung erster Anwendungen mit 740 Mio. €. Durch die Einbindung von Unternehmen und Start-Ups soll dabei schnell ein Ökosystem für Quantencomputer-Hardware, -Software und -Anwendungen in Deutschland aufgebaut werden. Rund 80 Prozent der dem DLR zur Verfügung gestellten Gelder fließen in die Wirtschaft. Das DLR bindet Industriepartner, Start-Ups und Forschungsgruppen ein. Außerdem werden zwei Innovationszentren etabliert, am Hauptstandort in Ulm und in Hamburg.

Unter Führung des DLR werden zwei Industriekonsortien gebildet, eines für den Bereich Hardware und eines für den Bereich Software und Anwendungen. Beteiligte Industriepartner sind in beiden Konsortien sowohl etablierte Konzerne als auch KMU und hochinnovative Start-Ups. Für Unternehmen und Forschende wird so ein umfassender, kontinuierlicher Zugang zu einem Quantencomputer bis hinunter zur Hardwareebene aufgebaut, rasch eine industrielle Basis geschaffen und Unternehmen wird die Möglichkeit eröffnet, schnell Produkte auf den Markt zu bringen, mit denen Standards gesetzt werden können.

Das Marktpotenzial von Quantencomputern ist äußerst hoch. So können z.B. bedeutende Optimierungsprobleme in der Logistik schon mit einer überschaubaren Anzahl von Qubits gelöst werden – Probleme, an denen klassische Supercomputer aufgrund der benötigten Rechenzeit scheitern würden. Mittel- und langfristig wird für Quantencomputertechnologien ein Marktpotenzial von bis zu dreistelligen Milliardenbeträgen prognostiziert. Das theoretische Potenzial für langfristige Wertschöpfungssteigerungen aufgrund der zukünftigen Nutzung universell einsetzbarer Quantencomputer in der industriellen Forschung und Entwicklung ist noch erheblich größer.