EU-Parlament in Strasburg

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Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten sind einem System verpflichtet, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schützt. So sieht es das Protokoll Nr. 27 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vor. Die Wettbewerbsregeln der Artikel 101-109 AEUV sind eine tragende Säule dieses Systems. Wie das nationale Wettbewerbsrecht bedarf auch das europäische Wettbewerbsrecht stetigen Anpassungen, um fairen Wettbewerb auch in Zukunft zu gewährleisten.

Im Bereich der Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union und der Anwendung der Gesetzgebung hat die Europäische Kommission die zentrale Rolle. Europäisches Recht ist entscheidend bei der Verfolgung von Kartellen und bei der Missbrauchsaufsicht, wenn der zwischenstaatliche Handel und unionsweit bedeutende Wirtschaftsaktivitäten betroffen sind. Artikel 101 AEUV umfasst das Kartellverbot und regelt, dass alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können und eine Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts zur Folge haben verboten sind. Artikel 102 AEUV regelt, dass die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt verboten ist, wenn das Verhalten den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt.

Die Kartellverfahrens- und die Fusionskontrollverordnung

Mit dem Inkrafttreten der Kartellverfahrensverordnung (VO 1/2003) (PDF: 226 KB) im Mai 2004 wurde die Durchführung der europäischen Wettbewerbsregeln sehr stark auf die nationalen Kartellbehörden und Gerichte verlagert. Damit wurde die Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts dezentralisiert. Außerdem obliegt es seitdem den Unternehmen selbst einzuschätzen, ob die von ihnen getroffenen (wettbewerbsbeschränkenden) Vereinbarungen kartellrechtlich zulässig sind oder nicht.

Für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen ist die Europäische Kommission zuständig, wenn die in der Fusionskontrollverordnung (FKVO, VO 139/2004) (PDF: 222 KB) enthaltenen Voraussetzungen – d.h. insbesondere die Schwellenwerte, die die Umsätze der betroffenen Unternehmen überschreiten müssen – erfüllt sind. Zusammenschlüsse, durch die wirksamer Wettbewerb im Binnenmarkt erheblich behindert würde, z.B. durch das Verstärken oder Erzeugen einer marktbeherrschenden Stellung, werden von der Europäischen Kommission untersagt.

Horizontal- und Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnungen

Die horizontalen und vertikale Gruppenfreistellungsverordnungen sind Verordnungen der Europäischen Kommission, nach denen bestimmte Gruppen von Vereinbarungen vom Kartellverbot des Artikel 101 Absatz 1 AEUV freigestellt sind. Die horizontalen Gruppenfreistellungsverordnungen betreffen insbesondere Gruppen von Vereinbarungen über Forschung, Entwicklung und Spezialisierung, die vertikale Gruppenfreistellungsverordnung bestimmte Liefer- und Vertriebsvereinbarungen. Die Verordnungen und die konkretisierenden Leitlinien wurden in den vergangenen zwei Jahren von der Europäischen Kommission überarbeitet, um ihre Verständlichkeit und damit auch die Rechtssicherheit, gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen, zu erhöhen. Im Zentrum der Überarbeitung der Leitlinien zur Vertikalverordnung stand die bessere Berücksichtigung der Besonderheiten digitaler Märkte. Die überarbeiteten sog. Horizontal-Leitlinien erläutern den aus Sicht der Europäischen Kommission bestehenden kartellrechtlichen Spielraum für Nachhaltigkeitsinitiativen.

Gesetz über Digitale Märkte

Am 01.11.2022 ist das Gesetz über Digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) in Kraft getreten. Ziel der Verordnung ist es, dass dominante Positionen auch auf digitalen Märkten angreifbar bleiben und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktakteure existieren. Dafür unterwirft der DMA besonders marktstarke Big-Tech-Unternehmen (sog. Gatekeeper oder Torwächter) klaren und strengen Regeln. Konkret umfasst der DMA rund zwanzig Verhaltenspflichten für Gatekeeper: Beispielsweise dürfen sie in Rankings eigene Angebote nicht mehr gegenüber Angeboten von Dritten bevorzugen und müssen die Installation von Software anderer Anbieter ermöglichen. Von den neuen Regeln profitieren insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher.

Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen

Um faire Wettbewerbsbedingungen für alle im Binnenmarkt tätigen Unternehmen zu schaffen, ist am 12.01.2023 die Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen in Kraft getreten. Ziel dieser Verordnung ist es, dass Unternehmen im Binnenmarkt auf Augenhöhe konkurrieren können, auch dann, wenn einzelne Unternehmen außerhalb der EU erhebliche Subventionen erhalten. Bislang wurden von Nicht-EU-Staaten gewährte Subventionen aufgrund fehlender Vorschriften kaum kontrolliert, während Beihilfen der Mitgliedstaaten einer genauen Prüfung unterlagen. Dies führte dazu, dass kein Level Playing Field bestand. Das neu geschaffene Instrument verpflichtet Unternehmen, drittstaatliche Zuwendung ab einer bestimmten Höhe offenzulegen, insbesondere wenn sie einen Zusammenschluss planen oder an einem öffentlichen Vergabeverfahren teilnehmen. Im Falle einer wettbewerbsverzerrenden Subvention sieht die Verordnung eine Reihe von Abhilfemaßnahmen für die Europäische Kommission vor, darunter die Rückzahlung der Subventionen oder die Veräußerung von Vermögenswerten.