Frau Mühling, wie kam es, dass Sie sich für IT interessiert haben?
Ich hatte schon immer ein technisches Grundinteresse. Bereits während der Schulzeit war für mich klar, dass ich zwar die Grundprinzipien der Betriebswirtschaft kennenlernen möchte, aber nur in Kombination mit einer technischen Seite. Das lag auch daran, dass mein Vater ein Maschinenbau-Mechanikermeister war. Er und auch meine Mutter haben immer alles selbst gemacht und die technische Neugier bei meiner Schwester und mir geweckt. Dadurch haben wir eine gewisse Eigenständigkeit unter anderem in technischen Themen erlernt. Gebiete wie Informatik finde ich bis heute spannend. Und was wir damit im Unternehmen aufbauen, ist der Wahnsinn. Diese Technologie voranzutreiben, ist jetzt meine Leidenschaft.
Wie können mehr Frauen für IT-Berufe begeistert werden?
Ich glaube, was grundsätzlich gefördert werden muss, ist das Interesse an den MINT-Bereichen und -Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). Viele Mädchen lieben tatsächlich Mathe in der Schule. Dieses Interesse sollte wir ausbauen. Zum Beispiel durch Praxisnähe im Unterricht. Und indem wir zeigen, wie wir mit den Fähigkeiten im MINT-Bereich neue Technologien schaffen.
Wenn Sie sich mit älteren weiblichen Führungskräften und Unternehmerinnen unterhalten, haben Sie das Gefühl, dass Sie viele der Probleme, mit denen die anderen zu kämpfen haben, nicht hatten?
Ja, zumindest habe ich persönlich diese Probleme bisher nicht gehabt. Ich musste nie geschlechterspezifische Grenzen oder Hürden nehmen. Oder vielleicht habe ich sie nur gekonnt ignoriert. Wenn ich mir so viele Gedanken gemacht hätte, wäre ich jetzt womöglich nicht dort, wo ich heute bin. Das ist aber meine persönliche Geschichte. Das heißt nicht, dass wir heutzutage überall Chancengleichheit für weibliche Führungskräfte und Unternehmerinnen haben. Es ist beispielsweise nicht lange her, dass ältere Investoren-Herren bei einem reinen Frauen-Gründerteam Zweifel hatten, dass sie ein Software-Produkt selbst entwickelt haben.
Sie haben zwei kleine Töchter, eine dreieinhalb Jahre alt, die andere sieben Monate. Ihr Mann ist Pilot. Wer von ihnen hört öfter die Frage, wie er Familie und Beruf unter einen Hut bringt?
Beide gleichermaßen, da wir uns sehr gleichberechtigt organisieren und uns sehr gut aufteilen. Unser Umfeld reagiert auf unser Familienmodell ebenfalls gut. Im Freundeskreis wird unsere Lösung oft als nachahmenswert bezeichnet. Für uns ist es etwas Selbstverständliches, weil wir es so leben.
Wie wird die Start-up-Szene weiblicher?
Um sie weiblicher zu machen, ist langfristig gesehen eine frühe Förderung notwendig. Da sind wir wieder beim Schulwesen. Es ist wichtig, Mädchen in ihrer Selbsteinschätzung und Selbstverwirklichung zu stärken. Das muss wirklich ganz früh anfangen. Vorbilder sind übrigens auch entscheidend! Knapp die Hälfte unseres Teams besteht aus Frauen. Ein Faktor für diese gute Quote bei einem Cloudsoftware-Anbieter wie Smartlane ist sicherlich, dass wir ein heterogenes Gründerteam haben. Und ganz grundsätzlich: Mir persönlich ist das Vorleben lieber als das darüber Sprechen.