Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Tatbestandlich relevant sind Verkauf, Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr an „natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland oder zur Verwendung in Russland“. Art. 2a zielt damit darauf ab, die Gefahr der Verwendung der verbotsrelevanten Güter und Dienstleistungen in Russland abzuwenden. Im Einzelfall können davon auch Ausfuhren oder Dienstleistungen erfasst sein, die zunächst in ein Drittland gehen, wenn die Drittlandsausfuhr mit einer späteren Verwendung in Russland einhergeht. Ein Wohnsitz in Russland des sich zum Zeitpunkt der Drittlandsausfuhr nicht in Russland befindlichen Endverwenders kann im Einzelfall ein starker Indikator für eine spätere Verwendung in Russland sein, genügt aber nicht pauschal zur tatbestandlichen Erfassung einer Ausfuhr in einen Drittstaat.

Nein. Art. 3j bezieht sich auf Güter, die ihren „Ursprung in Russland haben oder aus Russland ausgeführt werden“. Der Verbotstatbestand stellt also auf die Gegenwart ab. Eine zeitliche Rückschau findet nicht statt. Die Wortlautauslegung wird durch Sinn und Zweck des Importverbots bestätigt: Eine Erfassung von fossilen Brennstoffen, deren Ausfuhrgeschäft aus russischer Sicht bereits abgeschlossen ist, hätte keine Sanktionswirkung mehr. Auf fossile Brennstoffe, die sich bereits vor Inkrafttreten der VO (EU) 2022/576 zur Änderung der VO (EU) Nr. 833/2014 am 09.04.2022 im Zollgebiet der Union befanden, sind die Verbote des Art. 3j daher nicht anwendbar.

Nein, denn solche Kohle hat weder „ihren Ursprung in Russland“ noch wird sie „aus Russland ausgeführt“.

Ja. Der Stichtag des Art. 3j Abs. 3 aktiviert die Verbotstatbestände des Abs. 1 („zu kaufen, in die Union einzuführen oder zu verbringen“).

Ja. Der evtl. bestehende Hauptsitz eines Konzerns in einem Drittland ist insoweit irrelevant. Entscheidend ist, ob das im Einzelfall handelnde Unternehmen nach russischen Recht gegründet wurde, und/bzw. dort seinen Sitz hat und über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt. Bei rechtlich unselbständigen Zweigniederlassungen oder Filialen von ausländischen Unternehmen handelt es sich dagegen nicht um verbotsrelevante russische Entitäten.

Ja. Verboten ist nach dem Wortlaut der Bestimmung die Erfüllung sämtlicher Ansprüche, die im Zusammenhang mit mittlerweile sanktionierten Geschäften stehen. Die Rückzahlung einer Anzahlung, die darauf abzielt, eine Rechtsbeziehung in den Zustand vor Sanktionsverhängung (status quo ante) zu versetzen, ist vor diesem Hintergrund rechtlich unzulässig. Das gilt entsprechend auch für Zahlungsansprüche aus Anzahlungsgarantien. Daneben müssen einschlägige Bereitstellungs-, Transaktions- oder sonstige spezifische Sanktionsverbote beachtet werden. Das Verbot der Zahlung aus einer Anzahlungsgarantie (oder einer darauf bezogenen Rückgarantie), die sich auf ein mittlerweile verbotenes Geschäft bezieht, wird sich regelmäßig auch aus dem Verbot der Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfen im Zusammenhang mit sektorspezifischen Export- und Importverboten ergeben (vgl. die Definition in Art. 1 Buchst. o der VO (EU) Nr. 833/2014).“[1]

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[1] Anpassung der seit 14.12.2022 als „in Überarbeitung“ gekennzeichneten FAQ am 13.04.2023 nach Rücksprache mit der zuständigen Arbeitseinheit der EU-Kommission.
Bis zum 14.12.2022 lautete FAQ Nr. 51: „Verstößt die Rückerstattung einer vor Sanktionsverhängung erhaltenen Vorauszahlung gegen das Erfüllungsverbot des Art. 11 VO (EU) 833/2014, wenn die Vertragserfüllung aufgrund einschlägiger Sanktionsverbote nicht mehr möglich ist?
Antwort: Nein. Verboten ist, den russischen Vertragspartner so zu stellen, als sei erfüllt worden (z.B. durch Schadensersatz an Erfüllung statt). Die Rückzahlung einer Anzahlung, die gerade darauf abzielt, eine Rechtsbeziehung wieder in den Zustand vor Sanktionsverhängung (status quo ante) zu versetzen, bleibt davon allerdings unberührt. Daher darf eine Vorauszahlung trotz Erfüllungsverbot rückerstattet werden. Dessen ungeachtet müssen einschlägige Bereitstellungs-, Transaktions- oder sonstige spezifische Sanktionsverbote wie zum Beispiel das Verbot der Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfen im Zusammenhang mit sektorspezifischen Export- und Importverboten beachtet werden.“

Nein. Von den bis 05.12.2022 bzw. 05.02.2023 gültigen Legalausnahmen erfasst werden Spotkäufe (im Gegensatz zu Termverträgen, für die die Abwicklungsfrist bis 04.06.2022 greift) ungeachtet der Identität der Vertragsparteien.

Nein. Das Verbot bezieht sich auf Neuinvestitionen („zu investieren, sich … zu beteiligen oder anderweitig … beizutragen“). Es enthält kein Abwicklungsgebot bestehender Investitionen, die aus dem Russian Direct Investment Fund kofinanziert werden.

Grundsätzlich ja. Der Schutz von Altinvestitionen würde unterlaufen, wenn daraus folgende Gesellschafterrechte wie ein Anspruch auf Gewinnausschüttung, ein Stimmrecht auf der Gesellschafterversammlung oder Kontrollrechte nicht mehr ausgeübt werden dürften. Allerdings darf die Ausübung der Gesellschafterrechte nicht dazu genutzt werden, zu einer Veränderung der Beteiligungsstruktur (z.B. eine Erhöhung des eigenen Beteiligungsanteils oder des Anteils des Russian Direct Investment Fund) beizutragen. Eine Ausnahme von Satz 3 ist in den Fällen und unter den prozeduralen Voraussetzungen des Art. 2e Abs. 4 im Einzelfall denkbar, z.B. wenn eine Nachschusspflicht bereits im Rahmen der Altinvestition verbindlich vereinbart wurde.