Das Bundeskabinett hat heute die Eckpunkte für eine Carbon Management-Strategie (CMS) und einen darauf basierenden Gesetzentwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes beschlossen. Demnach sollen die Anwendung von CCS und CCU sowie der Transport und die Offshore-Speicherung von CO₂ ermöglicht werden. Meeresschutzgebiete werden von der CO₂-Speicherung ausgeschlossen. Der strategische Fokus für den Einsatz von CCS liegt auf schwer oder nicht vermeidbaren Emissionen. CCS (Carbon Capture and Storage) steht für die Abscheidung und Speicherung von CO₂, CCU (Carbon Capture and Usage) für die Abscheidung und Nutzung von CO₂.

Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck: Heute ist ein wichtiger Tag für die Industrie in Deutschland. Mit dem ersten Teil des Industriepakets hat das Bundeskabinett heute eine Richtungsentscheidung getroffen: CCS und CCU sollen in Deutschland ermöglicht werden, sonst sind die Klimaschutzziele nicht zu erreichen. Zugleich ist der heutige Kabinettbeschluss ein wichtiger Baustein für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Industriestandorts. Wir haben seit der Vorstellung unseres Vorschlags Ende Februar 2024 die Entwurfstexte mit den anderen Ressorts weiterentwickelt und Hinweise aus den Länder- und Verbändeanhörungen aufgegriffen und eingearbeitet.

Wir werden die Offshore-Speicherung von CO₂ erlauben; Meeresschutzgebiete nehmen wir ausdrücklich davon aus. Mit der Erlaubnis schließen wir zu unseren europäischen Nachbarn wie Norwegen und vielen weiteren Staaten auf. Wir stellen uns so der Verantwortung beim Umgang mit Treibhausgasemissionen, die wir als großes Industrieland in Europa haben.

Aufgrund von Rückmeldungen der Länder haben wir auch eine Opt-in-Klausel für die Onshore-Speicherung von CO₂, also die Speicherung an Land, in den Gesetzentwurf aufgenommen. Damit können einzelne Länder über die bundesgesetzlich ermöglichte Offshore-Speicherung hinaus auf ihrem jeweiligen Landesgebiet auch eine Onshore-Speicherung von CO₂ zulassen.

Der Erarbeitung der Eckpunkte und des Gesetzentwurfs waren intensive Vorarbeiten vorangegangen, unter anderem ein umfangreicher Dialogprozess mit Umweltverbänden, der Wirtschaft und der Wissenschaft im Jahr 2023.

Mit den heute vom Bundeskabinett beschlossenen Eckpunkten einer CMS stellt die Bundesregierung klare politische Eckpfeiler für den Umgang mit CCS und CCU auf. In einem nächsten Schritt wird nun die ausführliche Carbon Management-Strategie finalisiert.

Mit dem Gesetzentwurf für eine Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpG) will die Bundesregierung vor allem einen klaren Rechtsrahmen für den Aufbau einer CO₂-Pipelineinfrastruktur schaffen und die Offshore-Speicherung von CO₂ ermöglichen. Der Gesetzentwurf wird jetzt dem Bundestag und Bundesrat zugeleitet und dann im parlamentarischen Verfahren beraten.

Näher im Detail: Kerninhalte des heutigen Kabinettbeschlusses und Änderungen gegenüber den Entwürfen von Ende Februar 2024

Die Eckpunkte der Carbon Management-Strategie und der Gesetzentwurf zur Novelle des KSpG umfassen folgende Kerninhalte und folgende wichtige Änderungen im Vergleich zu den Entwürfen der beiden Dokumente von Ende Februar 2024:

  • Da Emissionen in bestimmten Bereichen nur schwer oder anderweitig nicht vermeidbar sind, werden die momentan bestehenden Hürden für die Anwendung von CCS/CCU in Deutschland beseitigt. Das betrifft insbesondere Prozesse, die man weder in Gänze vermeiden, noch unmittelbar auf Strom aus erneuerbaren Energiequellen oder Wasserstoff umstellen kann.
  • Zur Vermeidung von klimaschädlichen Treibhausgasemissionen in der Stromerzeugung setzt die Bundesregierung auf den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien sowie auf den in der Kraftwerksstrategie beschriebenen Kapazitätsmechanismus und im Vorgriff darauf den Neubau von Gaskraftwerken, die auf Wasserstoff umgestellt werden. Für Verstromungsanlagen mit gasförmigen Energieträgern oder Biomasse bleibt die Anwendung von CCS/CCU im Sinne eines technologieoffenen Übergangs zu einem klimaneutralen Stromsystem rechtlich möglich.
  • Es bleibt beim Kohleausstieg: Für Emissionen aus der Energieerzeugung aus Kohle (d.h. Kraft- und Heizwerke) wird der Zugang zu CO₂-Pipelines und CO₂-Speichern daher ausgeschlossen. Im Vergleich zur Entwurfsfassung von Ende Februar findet damit eine zweifache Konkretisierung statt: Zum einen werden nicht nur Emissionen aus Kohle-Stromkraftwerken, sondern auch Emissionen aus Kohle-Kraft-Wärmekopplungs-Anlagen ausgeschlossen; zum zweiten betrifft der Ausschluss sowohl den Zugang zu CO₂-Leitungen als auch (neu und ergänzt) zu CO₂-Speichern.
  • Die staatliche Förderung für CCS/CCU wird auf schwer oder nicht vermeidbare Emissionen fokussiert. Damit wird auch klargestellt, dass für CCS/CCU-Anwendungen an mit fossilen Energieträgern betriebenen Kraftwerken keine Förderung erfolgt. Für die Förderung stehen im Wesentlichen zwei Instrumente zur Verfügung: CCS/CCU-Projekte sollen im zweiten Gebotsverfahren der Klimaschutzverträge förderfähig sein und auch die aktuell in der Finalisierung befindliche Bundesförderung Industrie und Klimaschutz (BIK) sieht die Einführung eines Fördermoduls zu CCS/CCU vor.
  • Der Hochlauf von CCS/CCU muss im Einklang mit den Treibhausgasminderungszielen des deutschen Klimaschutzgesetzes (KSG) und dem Erreichen der Klimaneutralität 2045 stehen. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, wird die Bundesregierung im Dialog mit den Unternehmen Lösungen suchen, wie Betriebsgenehmigungen für Energieinfrastruktur (Kraftwerke oder Gasleitungen) mit fossilen Brennstoffen rechtssicher so erteilt werden können, dass der Betrieb über das Jahr 2045 hinaus nur mit nicht-fossilen Brennstoffen fortgesetzt werden kann, ohne einen Investitionsstopp, Fehlinvestitionen und Entschädigungsansprüche auszulösen.
  • Um mit dem Bau von CO₂-Pipelines in privater Trägerschaft innerhalb eines staatlichen Regulierungsrahmens beginnen zu können, wird das KSpG entsprechend den Vorschlägen der Bundesregierung im Evaluationsbericht von Ende 2022 aktualisiert. Rechtsunsicherheiten bei der Anwendung des Gesetzes werden behoben. Konkret wird im Gesetzentwurf ein einheitliches Zulassungsregime für Kohlendioxidleitungen geschaffen. Zudem beinhaltet der Gesetzentwurf verschiedene Konkretisierungen zur Verfahrensbeschleunigung bei Genehmigungsverfahren zum Bau von CO₂-Infrastruktur. So müssen Behörden, die im Genehmigungsverfahren zu beteiligen sind, ihre Stellungnahme innerhalb kurzer Fristen abgeben. Für Rechtsstreitigkeiten ist das Oberverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig.
  • Die Bundesregierung ratifiziert die Änderung des London-Protokolls zur Ermöglichung des CO₂-Exports zwecks Offshore-Speicherung und nimmt die hierfür notwendigen Änderungen am Hohe-See-Einbringungsgesetz vor.
  • Die Erkundung von Offshore-Speicherstätten in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) bzw. dem Festlandsockel wird gesetzlich ermöglicht. Bei nachgewiesener Standorteignung, unter Berücksichtigung von Sicherheitsstandards und ökologischen Kriterien sowie raumordnerischer Festlegungen können entsprechende Speicher für die industrielle Nutzung erschlossen werden. Eine Speicherung von CO₂ in Meeresschutzgebieten bleibt ausgeschlossen und wird im Vergleich zum Referentenentwurf von Ende Februar weiter konkretisiert: So wird die Injektion von Kohlendioxid in Meeresschutzgebieten und in einer Pufferzone von 8 km um Meeresschutzgebiete herum untersagt, die Speicherung unter Meeresschutzgebieten wird ausgeschlossen und weitere Maßnahmen zum Schutz des Schweinswals werden getroffen.
  • Die dauerhafte Speicherung von CO₂ im geologischen Untergrund auf dem Gebiet des deutschen Festlands (onshore) wird durch das Bundesgesetz weiterhin nicht ermöglicht. Jedoch wird in Ergänzung zum Entwurf von Ende Februar 2024 aufgrund der Rückmeldung von der Länderseite im KSpG eine gesetzliche Grundlage geschaffen, die ein Opt-in einzelner Bundesländer zur dauerhaften Speicherung von CO₂ im geologischen Untergrund auf dem Gebiet des deutschen Festlands (Onshore-Speicherung) auf deren jeweiligem Landesgebiet ermöglicht, sofern die Länder das durch Landesrecht entsprechend beschließen. Eine Onshore-Speicherung zu Forschungszwecken wird unabhängig davon bundesweit ermöglicht.

Weitere Informationen

Folgende Dokumente finden Sie auf der Website des BMWK: