IN KÜRZE:

Der russische Überfall auf die Ukraine, hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie hohe Inflationsraten belasten die Weltwirtschaft. Das Bild ist von großer Unsicherheit geprägt. In der Folge mussten Wachstumserwartungen nach unten korrigiert werden.

Die jüngsten Daten zur weltwirtschaftlichen Entwicklung deuten vor dem Hintergrund der weltweit hohen Inflation und der weltweiten Straffung der Geldpolitik auf eine Schwächung des Wachstums hin.

Die strikten Pandemiebekämpfungsmaßnahmen in China haben das dortige Wachstum stark ausgebremst – mit Auswirkungen in weite Teile der Welt. Auch die Volkswirtschaften der USA und der Eurozone sind keine Wachstumstreiber, wobei Letztere besonders stark von den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine betroffen ist. Kurzfristig lässt die Wiederbelebung der chinesischen Wirtschaft in Verbindung mit den anhaltenden politischen Impulsen eine leichte Erholung des Wachstums im dritten Quartal erwarten, die weiteren Aussichten sind allerdings deutlich eingetrübt: Der UkraineKrieg und die Unsicherheit über dessen weitere Entwicklung, die in nahezu allen Wirtschaftsräumen auf unerwünschte Höhen gekletterte Inflation sowie die hohen Preise und eingeschränkten Verfügbarkeiten von wichtigen (energetischen) Rohstoffen und insbesondere von Gas bergen Gefahren und Risiken, gegenüber denen sich die positiven Faktoren – leichte Entspannung bei den globalen Lieferketten und logistischen Engpässen, vergleichsweise robuste Beschäftigungsentwicklung in den USA – bescheiden ausnehmen.

Vor diesem Hintergrund haben die relevanten internationalen Institutionen ihre Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft deutlich nach unten revidiert. Ende Juni senkten die Weltbank und die OECD ihre Prognose für 2022 aus dem Januar von 4,1 auf 2,9 %, (Weltbank) beziehungsweise von 3,6 auf 3,2% (OECD). Mit der Ende Juli erfolgten Aktualisierung seitens des IWF, der statt der noch im April erwarteten 3,6 nur noch von 3,2 % Wachstum ausgeht, bewegen sich die drei großen internationalen Organisationen im Gleichklang. Für 2023 liegen die ebenfalls reduzierten Erwartungen zwischen 1,5 % (Weltbank) und 2,9 % (IWF). Die Betroffenheit bezüglich der genannten Risiken und Gefahren ist für die einzelnen Weltregionen allerdings unterschiedlich ausgeprägt, was sich in unterschiedlich ausgeprägten Revisionen niederschlägt:

Wachstumsprognose des IWF Bild vergrößern

WELTHANDEL: GEDÄMPFTE AUSSICHTEN

Das Wachstum des Welthandels mit Waren dürfte in diesem Jahr deutlich zurückgehen, da sich die Nachfrage von Waren auf Dienstleistungen verlagert und eine Reihe von Faktoren wie höhere Energiepreise, eine straffere Geldpolitik, die damit verbundene Aufwertung des US-Dollars und die Verlangsamung in China für Gegenwind sorgen. Der Indikator des niederländischen Centraal Planning Bureau (CPB) deutet ein langsameres Wachstum des globalen Handelsvolumens im Vorjahresvergleich an, auch wenn die Dynamik im Mai 2022 zugenommen hat. Der Oxford Economics Frühindikator für den Welthandel hat sich in den letzten Monaten deutlich in den negativen Bereich bewegt und deutet darauf hin, dass das Welthandelsvolumen ab dem dritten Quartal schrumpfen wird. Besonders negative Signale kommen von der Luftfracht, den Kupferpreisen und den Aktienkursen von Schifffahrtsunternehmen, während andere Indikatoren, wie der Containerhandel, eher einen flachen Trend als Rückgänge aufweisen. Dazu passend fiel im Juli dem Kiel Trade Indikators zufolge der globale Handel gegenüber dem Vormonat zurück. Passend zur leicht erhöhten Handelsdynamik im Mai 2022 zeigt der Containerumschlag-Index des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung und des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) saisonbereinigt im Juni einen Anstieg von 124,9 auf 126,1 Punkte. Vor allem in den chinesischen Häfen hat sich die kräftige Erholung aus dem Vormonat fortgesetzt. Der Indexwert für die chinesischen Häfen stieg von 134,7 auf 140,5.

Wachstumsraten des Welthandels Bild vergrößern

INFLATION: WELTWEIT AUF DEM VORMARSCH

Die globale Inflation wird laut Internationalem Währungsfonds in diesem Jahr voraussichtlich 6,6 % in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften und 9,5 % in den Schwellen- und Entwicklungsländern erreichen. Die hohe Inflation dürfte die wirtschaftliche Dynamik deutlich mindern – zum einen direkt, indem sie die Konsumneigung und -möglichkeiten der Verbraucher stark reduziert. Zum anderen indirekt, da zur Inflationsbekämpfung nötige Zinserhöhungen die Investitionsnachfrage bremsen. Wesentlich für die weitere weltwirtschaftliche Entwicklung wird sein, wie schnell und gut es den großen Zentralbanken gelingt, die Inflation in den Griff zu bekommen, ohne dabei allzu drastische Maßnahmen ergreifen zu müssen („soft landing“).

Es ist davon auszugehen, dass eine straffere Geldpolitik reale wirtschaftliche Kosten verursachen wird. Gezielte fiskalische Unterstützung könnte laut IWF dazu beitragen, die Auswirkungen auf die Schwächsten der Gesellschaft abzufedern.