IN KÜRZE

Der Nowcast für die saison- und kalenderbereinigte Veränderungsrate des BIP beträgt +0,1 % für das vierte Quartal 2022 bzw. +0,4 % für das erste Quartal 2023 (Stand 12. Januar).1

Das Prognosemodell des Nowcast schätzt für das vierte Quartal 2022 derzeit einen saison- und kalenderbereinigten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorquartal von 0,1 %. Für das erste Quartal 2023 ergibt sich ein spürbarer Zuwachs von 0,4 %. Der Nowcast liefert eine täglich aktualisierte, rein technische, zeitreihenanalytische Prognose der Wirtschaftsleistung unabhängig von der Einschätzung der Bundesregierung und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Die tatsächlichen Ergebnisse zur wirtschaftlichen Entwicklung für das vierte Quartal 2022 bzw. für das erste Quartal 2023 werden vom Statistischen Bundesamt Ende Januar bzw. Ende April 2023 veröffentlicht.

Die Abbildung veranschaulicht die Entwicklung des Nowcast im Zeitverlauf: Der Schätzwert für das vierte Quartal 2022 belief sich bei erstmaliger Berechnung Anfang Juli auf +0,2 %. Bis Anfang August fiel er aufgrund der Unsicherheit um die Liefermengen russischen Erdgases auf -0,7 %. Zwischenzeitlich kam es zu einer kurzlebigen Erholung auf einen Wert von -0,2 %, die auf günstige Nachrichten zu Kfz-Neuzulassungen in Italien und Frankreich zurückführen war. Zum Absturz auf bis zu -1,5 % führten bis Ende September mäßige Produktionsdaten aus dem europäischen Ausland sowie verschlechterte Umfragewerte in der Industrie als auch bei Konsumentinnen und Konsumenten im In- und Ausland. Anschließend folgte der Nowcast bis zum Jahresende 2022 einem aufwärtsgerichteten Trend. Hinter diesen Verbesserungen standen die günstigere Lage in der heimischen Kfz-Industrie, steigende Industrieproduktion und -umsätze sowie positive Außenhandelsdaten. Auch die Meldung zum BIP im dritten Quartal 2022 lieferte Ende November positive Impulse. Gegenwind kam von verhaltenen Umfragedaten aus Deutschland. Demgegenüber trugen Stimmungsindikatoren aus dem Euroraum erneut zu einer Erhöhung des Nowcast auf den aktuellen Stand von +0,2 % bei. Gegen Ende Dezember 2022 sorgten positive ifo Umfrageergebnisse für Deutschland und gute Konjunkturdaten aus Europa für eine weitere Verbesserung auf etwas über +0,4 %. Zu Beginn des Jahres 2023 brachte jedoch insbesondere die ungünstige Entwicklung der Auftragseingänge in Deutschland den Nowcast wieder zurück auf zuletzt +0,1 %.

Für das erste Quartal 2023 beschreibt der Nowcast ebenfalls einen Aufwärtstrend. Bei erstmaliger Berechnung Anfang Oktober belief sich der Schätzwert auf -0,6 %. Mitte November leitete die Bodenbildung bzw. Verbesserung deutscher Stimmungsindikatoren den Anstieg ein. Bis Jahresende hoben die positiven Nachrichten zu Industrieproduktion und -umsätzen sowie zum Außenhandel im Berichtsmonat Oktober den Nowcast knapp unter die +0,6 %-Marke. Seit Jahresanfang ist er aber wegen der zuvor schon genannten Entwicklung der Auftragseingänge in Deutschland wieder etwas gefallen auf derzeit +0,4 %.

Der Nowcast zum vierten Quartal 2022 erscheint angesichts der robusten Indikatorenlage plausibel. Das amtliche Ergebnis für das dritte Quartal 2022 fiel vor dem Hintergrund pandemiebedingter Nachholeffekte überraschend positiv aus. Damit verbesserte sich die wirtschaftliche Ausgangslage für das vierte Quartal. Auch die Maßnahmen der Bundesregierung und die Entspannung bei den Lieferkettenproblemen dürften zur Verbesserung der Stimmungsindikatoren beigetragen haben.

Das Modell

Das Modell zur Prognose des deutschen Bruttoinlandsprodukts wird von Now-Casting Economics Ltd. betrieben. Der hier veröffentlichte Nowcast ist eine rein technische, modellbasierte Prognose. Die Schätzungen sind mit einer hohen statistischen Unsicherheit behaftet, die mit Modellprognosen immer einhergeht. Es handelt sich bei dem Nowcast weder um die Prognose des BMWK noch um die offizielle Projektion der Bundesregierung.

Der Nowcast zum ersten Quartal 2023 erscheint aus fachlicher Sicht deutlich zu optimistisch. Die Stimmungsindikatoren deuten am aktuellen Rand darauf hin, dass die Unternehmen weiterhin recht pessimistische Einschätzungen für die kommenden Monate haben. Die Industrieproduktion bleibt aufgrund von hohen Energiepreisen und anhaltenden – wenn auch nachlassenden – Lieferengpässen limitiert. Insgesamt ist mit einer schwächeren konjunkturellen Dynamik in den kommenden Monaten zu rechnen.

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1 Für nähere Erläuterungen zur Methode, den verwendeten Daten und der Interpretation des Modells siehe Senftleben und Strohsal (2019): „Nowcasting: Ein Echtzeit-Indikator für die Konjunkturanalyse“, Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, Juli 2019, Seite 12-15, und Andreini, Hasenzagl, Reichlin, Senftleben und Strohsal (2020): „Nowcasting German GDP“, CEPR DP14323.