Titelbild zum Artikel "Neue EU-Regeln für kurzzeitige Vermietungen über Online- Plattformen in Kraft"

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Die Kurzzeit-Miete möblierter Unterkünfte über Online-Plattformen wie Airbnb, Booking.com, Expedia Group oder TripAdvisor erfreut sich wachsender Beliebtheit – sei es die Ferienwohnung im Tourismus-Hotspot, die bequeme Lösung für Geschäftsreisende oder die vorübergehende Bleibe digitaler Arbeitsnomaden. Fast ein Viertel der Beherbergungen in der EU erfolgt mittlerweile über Kurzzeitvermietungen; mit steigender Tendenz. Für den Kurztrip nach Berlin, Barcelona, Amsterdam, Prag oder Lissabon wählen Reisende – statt eines Hotelzimmers – gerne die Privat-Wohnung direkt im Stadtzentrum und können sich so während ihres Aufenthaltes fast wie Einheimische fühlen.

Licht und Schatten zunehmender Kurzzeit-Vermietungen in der EU

Für Gastgebende sind die lukrativen Kurzzeitvermietungen eine willkommene Einnahmequelle, die ihnen den kostspieligen Alltag in Tourismus-Destinationen erleichtert. Immer mehr Anbieterinnen und Anbieter haben kurzzeitige Vermietungen als Geschäftsmodell entdeckt und vermieten mehrere oder alle Wohnungen eines Gebäudes ausschließlich für kurze Zeit. Auch die lokale Wirtschaft profitiert, da Gäste ihr Reisebudget für Restaurantbesuche, Einkäufe sowie Freizeit- und Kulturangebote ausgeben. Kurzzeitige Vermietungen sind gelebtes Europa, so scheint es auf den ersten Blick. Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten; nicht nur in Lissabon, der Stadt mit dem magischen Licht. Denn wenn Wohnungen als teure Kurzzeit-Domizile vermietet werden, sind sie nicht mehr als dauerhafter Miet-Wohnraum verfügbar. Während es die Gäste vorzugsweise in die Innenstädte zieht, finden die vor Ort lebenden Menschen dort kein bezahlbares Zuhause mehr. Mancherorts sind ganze Straßenzüge von Kurzzeit-Besucherinnen und -Besuchern bevölkert, weshalb sich die lokale Infrastruktur an die touristischen Konsumbedürfnisse anpasst (so genannte Touristifizierung). Anstelle des Lädchens mit Alltagsprodukten ist dann ein Souvenir-Shop zu finden.

Kurzzeitvermietungen in Tourismus-Destinationen: Gesetzliche Steuerung im Spannungsverhältnis

Viele Städte und Regionen in der EU entscheiden sich, den Umfang von Kurzzeitvermietungen gesetzlich zu steuern. Grund dafür ist die starke Zunahme an Kurzzeitvermietungen, die den Druck auf die Wohnungsmärkte erhöht und das Lebensumfeld beeinflusst. Ziel der gesetzlichen Steuerung ist es, den Bürgerinnen und Bürgern bezahlbaren Dauerwohnraum und gute Lebensbedingungen zu erhalten. In Deutschland betrifft das vor allem die Gesetze der Länder zur Vermeidung der Zweckentfremdung von Wohnraum. Entsprechende Vorschriften werden als so genannte Marktzugangsbeschränkungen an der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123 gemessen. Sie sind der EU-Kommission ein Dorn im Auge: Im Vertragsverletzungsverfahren in den verbundenen Rechtssachen C-724/18 und C-727/18 („Cali Apartments“) hatte der Europäische Gerichtshof im September 2020 in einem wegweisenden Urteil dagegen entschieden, dass der Kampf gegen den Wohnraummangel einen so genannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellt, der nichtdiskriminierende und verhältnismäßige Pflichten zur Genehmigung von Kurzzeitvermietungen rechtfertigen kann. Solche Pflichten entfalten allerdings nur dann ihre Wirkung, wenn sie von den dafür zuständigen Behörden auch kontrolliert werden können.

Wirtschaftliche Bedeutung des Marktes für Ferienhäuser und -wohnungen in Deutschland

Der Deutsche Ferienhausverband untersuchte in einer Studie von Januar 2024, für die Daten führender Anbieter von Ferienunterkünften ausgewertet wurden, den Online-Ferienhausmarkt in Deutschland. Danach fänden jährlich 307 Millionen Übernachtungen in privaten und gewerblichen Unterkünften statt, was einem Marktanteil von 44 % an allen touristischen Übernachtungen in Deutschland entspreche. Dabei würden 82 % der 555.111 Ferienhäuser und -wohnungen von privaten Gastgeberinnen und Gastgebern mit insgesamt weniger als zehn Betten angeboten. Gemäß der Studie konnte der deutsche Ferienhausmarkt im Jahr 2022 allein durch Mieteinnahmen einen Umsatz von 7,3 Milliarden Euro erwirtschaften. Bei einem Gesamtbruttoumsatz von 28,6 Milliarden Euro pro Jahr entfielen, so die Ergebnisse der Studie, 25 % der Ausgaben der Gäste auf die Unterkunft, 75 % flössen in die lokale Wirtschaft wie Gastronomie (21 %), Einzelhandel (22 %), Dienstleistungen (20 %) und Sonstiges wie Treibstoff, Sport, Erholung, Freizeit und Kultur (12 %). Angesichts der weitgehenden Verlagerung des Ferienhausmarktes in den digitalen Raum prognostiziert die Studie ein durchschnittliches jährliches Umsatzwachstum von fünf bis acht Prozent in den nächsten drei Jahren.

Eine digitale Infrastruktur für wirksame Kontrollen

Im Mai 2024 ist die Verordnung (EU) 2024/1028 „über die Erhebung und den Austausch von Daten im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Bereich der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften“ in Kraft getreten. Sie sieht eine datenschutzkonforme digitale Infrastruktur vor, über die Daten zu Kurzzeitvermietungen erhoben und ausgetauscht sowie die Rechtmäßigkeit der Vermietungsangebote geprüft werden können. Damit geht die Verordnung gezielt zwei Probleme an, die es der öffentlichen Hand derzeit erschweren, ihre Vorschriften zu kurzzeitigen Vermietungen – in Deutschland die Zweckentfremdungsverbotsgesetze der Länder – zu kontrollieren: Zum einen mangelt es den Behörden an belastbaren Daten zu den Vermietungsaktivitäten. Denn bislang teilen die Online-Plattformen ihre Daten oft nicht und machen dafür u. a. datenschutzrechtliche Bedenken geltend. Zum anderen fehlen Prüfungen der Rechtmäßigkeit der Vermietungsangebote durch die Online-Plattformen selbst. Somit können illegale Angebote nur dadurch identifiziert werden, dass die Behörden Personal zum Durchforsten der Internetseiten der Online-Plattformen abstellen. Die Stadt Barcelona zum Beispiel hat dafür im Jahr 2017 ein Team von mehr als 70 Personen mit jährlichen Kosten von ca. zwei Millionen Euro eingerichtet.

Bedeutung von Kurzzeitvermietungen für den Tourismus in der EU

Die EU-Kommission geht in der Folgenabschätzung zu ihrem Verordnungsvorschlag vom November 2022 davon aus, dass Kurzzeitvermietungen über Online-Plattformen fast 25 % der Beherbergungen in der EU ausmachen. Die EU-Kommission stützt sich dabei auf Daten, die Eurostat dank einer Übereinkunft mit den vier großen Online-Plattformen Airbnb, Booking.com, Expedia Group und TripAdvisor erhält, welche nach Schätzung der EU-Kommission gemeinsam ca. 83 % des gesamten Marktes abbilden. Basierend auf diesen Daten konnte Eurostat für das Jahr 2023 die steigende Bedeutung kurzzeitiger Vermietungen bestätigen. Aus der Eurostat-Analyse vom Januar 2024 ergibt sich, dass im dritten Quartal des vergangenen Jahres, in das der Sommerurlaub fällt, 309,4 Millionen Nächte über die vier Online-Plattformen gebucht wurden. Dies entspricht einem Anstieg um 13,4 % im Vergleich zum selben Zeitraum des Jahres 2022.

Die zwei zentralen Elemente der neuen Infrastruktur

Herzstück der digitalen Infrastruktur ist eine einheitliche digitale Zugangsstelle, die auf Ebene des jeweiligen Mitgliedstaates eingerichtet wird. Sie dient als digitales Zugangstor, über das berechtigte Behörden Zugriff auf die Buchungsdaten der Online-Plattformen (d. h. Zahl der Nächte und Gäste) erhalten, ohne dass die Online-Plattformen mit unterschiedlichen technischen Anforderungen und einer Vielzahl von Zugangsstellen konfrontiert werden. Über das digitale Zugangstor werden zudem die nun verpflichtenden Prüfungen der Vermietungsangebote durch die Online-Plattformen technisch umgesetzt.

Das zweite zentrale Element sind die ebenfalls digitalen so genannten Registrierungsverfahren. Sie sind auf derjenigen staatlichen Ebene angesiedelt, wo Daten zur Steuerung von Kurzzeitvermietungen benötigt werden. Nur wenn solche Verfahren vorgehalten werden, sind die betreffenden Behörden künftig zur Abfrage von Buchungsdaten der Online-Plattformen berechtigt. Über die Registrierungsverfahren erheben die Behörden selbst Daten zu Gastgebenden und Unterkünften. Sie teilen außerdem jeder Unterkunft eine individuelle Registrierungsnummer zu, die Gastgebende angeben müssen, wenn sie auf einer Online-Plattform ein Angebot einstellen. Diese Nummer dient zum einen dazu, die Buchungsdaten der Online-Plattformen der richtigen Unterkunft zuzuordnen, zum anderen ermöglicht sie es Online-Plattformen und Behörden zu prüfen, ob die jeweilige Unterkunft rechtmäßig zur Kurzzeitvermietung angeboten wird.

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Eine Verordnung, mit der alle gewinnen

Nach der politischen Einigung über die Verordnung im November 2023 merkte die spanische Staatssekretärin für Tourismus an, dass durch diese Verordnung alle gewönnen.

Im Februar 2024 nahm das Europäische Parlament die Verordnung mit großer Mehrheit an, der Rat der EU stimmte ihr im März 2024 einstimmig zu. Die European Cities Alliance, welche die Anliegen europäischer Städte vertritt, zeigte sich ebenfalls sehr zufrieden. In Deutschland lobten sowohl die Wirtschaftsverbände im Tourismus-Bereich als auch die Länder die Verordnung als gelungene Regulierung. Für die Online-Plattformen würdigte Airbnb den gefundenen Kompromiss in einem auf der Internetseite veröffentlichten Brief vom November 2023 als „Wendepunkt für ... die gesamte Branche“ und „Blaupause für die Regulierung von Kurzzeitvermietungen weltweit“.

So viel Zuspruch erhalten EU-Gesetze selten. Die hohe Zustimmung ist zum einen damit zu erklären, dass Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen Kurzzeitvermietungen weiterhin selbst steuern und dabei die lokalen Bedürfnisse berücksichtigen können. Außerdem können sie selbst entscheiden, ob sie dafür Daten anfordern und sich somit an dem geschaffenen System zum Datenaustausch beteiligen wollen (so genannter Opt-in-Ansatz). Zum anderen ist mit der Verordnung ein System gelungen, mit dem Vorteile und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten gut austariert sind. Die öffentliche Hand erhält verlässlich belastbare Daten, mit denen sie Kurzzeitvermietungen angemessen regulieren und bestehende Vorschriften wirksam durchsetzen kann. Sie erhält damit die Möglichkeit, unzulässige Umwandlungen von Wohnraum in Ferienwohnungen zu verhindern und bezahlbaren Wohnraum für die lokale Wohnbevölkerung zu erhalten. Online-Plattformen sowie Gastgeberinnen und Gastgeber, darunter viele Private sowie kleine und mittlere Unternehmen, profitieren durch bürokratiearme Online-Verfahren. Und die Gäste als Verbraucherinnen und Verbraucher können sich dank der von Online-Plattformen und Behörden durchgeführten Prüfungen mehr als bisher darauf verlassen, dass die von ihnen gebuchten Unterkünfte rechtskonform angeboten werden.

Ausblick

Die Vorgaben der Verordnung sind innerhalb von zwei Jahren in den Mitgliedstaaten umzusetzen. Angesichts des Aufbaus der nötigen digitalen Infrastruktur erscheint dies sportlich. Die einheitliche digitale Zugangsstelle muss spätestens mit Ablauf der Frist funktionsfähig sein, selbst wenn sich (noch) nicht alle Regionen und Kommunen für ein Opt-in entscheiden. Bei den Opt-in-Regionen und -Kommunen empfiehlt es sich, sie schon vor dem Stichtag an die einheitliche digitale Zugangsstelle anzuschließen und Funktionstests durchzuführen. Als deutsche einheitliche digitale Zugangsstelle wird – wegen ihrer Erfahrungen mit dem digitalen Binnenmarkt, der Plattform-Wirtschaft und dem Verbraucherschutz – die Bundesnetzagentur ins Auge gefasst, die auch über große IT-Expertise verfügt. Zur Umsetzung in Deutschland führt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz seit dem ersten Quartal 2024 Gespräche mit der Branche, der Bundesnetzagentur sowie den Ländern, welche die digitalen Registrierungsverfahren auf Landes- oder Kommunalebene verantworten. Somit sind die Weichen dafür gestellt, dass auch in Deutschland ein neues Kapitel der Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Online-Plattformen bei Kurzzeitvermietungen aufgeschlagen werden kann.

KONTAKT & MEHR ZUM THEMA

Referat: VIIA2 – Grundsatzfragen der Dienstleistungswirtschaft

schlaglichter@bmwk.bund.de

„Are short-term rentals the cause of Porto’s housing crisis?” – Beitrag in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission auf euronews (Juli 2023)
www.euronews.com/next/2023/07/04/are-short-term-rentals-the-cause-of-portos-housing-crisis

Eurostat-Analyse zu Kurzzeitvermietungen im Jahr 2023 (Januar 2024)
https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/products-eurostat-news/w/ddn-20240110-1

Studie des Deutschen Ferienhausverbandes: Der Ferienhausmarkt in Deutschland (Januar 2024)
www.deutscher-ferienhausverband.de/marktstudie-2024/

Offener Brief von Airbnb (November 2023)
https://news.airbnb.com/de/neues-kapitel-fuer-die-kurzzeitvermietung/

„New EU rules to stop illegal short-term rentals are a welcome change” – Beitrag der European Cities Alliance on Short-Term Holiday Rentals auf euronews (März 2024)
www.euronews.com/my-europe/2024/03/01/new-eu-rules-to-stop-illegal-short-term-rentals-are-a-welcome-change