Titelbild zum Artikel "Kosten des Klimawandels – Neuste Erkenntnisse aus der Forschung"

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In vielen Regionen der Welt sind die Auswirkungen des Klimawandels und das gestiegene Risiko von Wetterextremen wahrnehmbar. Auch in Deutschland haben Hitze und Trockenperioden sowie Starkregenereignisse in den vergangenen Jahren zugenommen. Zuletzt im Juni dieses Jahres kam es in Süddeutschland zu Hochwasser und Überschwemmungen, die erhebliche Schäden verursacht haben.

Die Kosten des Klimawandels für Wirtschaft und Gesellschaft werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten immens sein. Die Folgen sind vielfältig: Neben direkten Schäden durch zerstörte Gebäude oder Infrastruktur, Produktions- und Ertragseinbußen oder Gesundheitskosten entstehen auch indirekte Schäden, die sich z. B. durch gesamtwirtschaftliche Folgeeffekte oder internationale Handelsverflechtungen ergeben. Hinzu kommen weitere Folgen, wie der Verlust der Artenvielfalt beziehungsweise die Beeinträchtigung des Ökosystems, deren Kosten sich nur schwer beziffern lassen. Die exakte Höhe der Kosten ist zwar mit Unsicherheit behaftet, dennoch gibt es verschiedene Methoden und Modelle, die versuchen, zumindest die monetären Schäden sichtbar zu machen und eine quantitative Abschätzung der Dimension vorzunehmen.

Aktuelle Studie des PIK schätzt globale Kosten in Billionen-Höhe

Forschende des Potsdam-Instituts für Klimaforschung (PIK) schätzen in einer kürzlich veröffentlichten Studie (Kotz et al., 2024) die globalen Kosten des Klimawandels. Dabei berücksichtigen sie Effekte, die sich durch den zu erwartenden Anstieg der Durchschnittstemperatur, eine veränderte tägliche Schwankung der Temperatur sowie Niederschlagsveränderungen ergeben können. Insgesamt kommen sie zu dem Ergebnis, dass das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf im Jahr 2049 bei expliziter Berücksichtigung solcher Schäden um 19 Prozent niedriger ausfallen könnte, wenn man einen Wachstumspfad unterstellt, der hinsichtlich sozialer, wirtschaftlicher und technologischer Trends nicht deutlich von historischen Mustern abweicht. Dies entspräche einem Einkommensverlust von etwa 38 Billionen US-Dollar. Die in der Studie prognostizierten Einkommensveränderungen ergeben sich dabei im Vergleich zu einem Szenario ohne Klimawandel und sind Folge der bereits bis heute verursachten Emissionen. Zu betonen ist, dass es sich nicht um Gesamtkosten bis zur Mitte des Jahrhundert handelt, sondern um durchschnittliche Verluste pro Jahr. Dabei nehmen die jährlichen Kosten über die Zeit zu. Aufgrund von Schätzunsicherheiten variiert die BIP-Reduktion für das Jahr 2049 zwischen 11 und 29 Prozent.

Auf Basis ihrer Auswertung regionaler Daten zeigen die Forschenden, dass die Kosten in Afrika und Südostasien am höchsten ausfallen dürften. Hier werden Schäden in Höhe von bis zu 22 Prozent des jährlichen Pro-Kopf-Einkommens im Jahr 2049 erwartet. Aber auch für Nordamerika und Europa findet die Studie erhebliche Schäden mit Werten von jeweils elf Prozent. Nur in den nördlichsten Regionen der Welt könnten sich durch den Klimawandel sogar positive Einkommenseffekte ergeben. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass Schäden in Ländern mit bisher relativ geringen Emissionen sowie in Regionen mit niedrigerem aktuellen Pro-Kopf-Einkommen besonders hoch ausfallen.

Unterschiedliche Methoden kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen

Grundsätzlich gibt es verschiedene Ansätze, um die Kosten des Klimawandels zu schätzen. In einem Übersichtsartikel zu verschiedenen Studien erläutern Newell et al. (2021), dass dabei zunächst grob zwischen zwei Herangehensweisen unterschieden werden kann. Zum einen gibt es so genannte „Bottom-Up-Methoden“. Diese berechnen Schäden beispielsweise auf Ebene von Wirtschaftssektoren und addieren sie für eine gesamtwirtschaftliche Kostenschätzung auf. Wechsel- und Feedbackeffekte können im Rahmen von makroökonomischen Modellen berücksichtigt werden. Aufgrund des sektorspezifischen Vorgehens sind hierfür detaillierte Erkenntnisse und Modellierungen von expliziten Wirkungskanälen, Wertschöpfungsverflechtungen und Kosten notwendig. Nicht immer liegt empirische Evidenz für bestimmte Wirkungskanäle in ausreichendem Maße vor, sodass bestimmte Annahmen getroffen werden müssen. Eine zweite Herangehensweise schätzt die Kosten von Klimaveränderungen in Bezug auf gesamtwirtschaftliche Kennzahlen wie das BIP oder das Pro-Kopf-Einkommen auf Basis einer ökonometrischen Analyse direkt. Während dies die notwendige Informations- und Detailtiefe vorab verringert und somit die Berechnung erleichtert, ist die Analyse expliziter Wirkungskanäle beziehungsweise Wechselwirkungen damit aber nur eingeschränkt möglich.

Die Studie des PIK beruht auf dem zweiten Ansatz. Dabei haben die Forschenden Daten der letzten 40 Jahre aus etwa 1.600 Regionen in 83 Ländern ausgewertet und mithilfe einer Regressionsanalyse zunächst die historischen Effekte bisheriger regionaler Klimaveränderungen auf das lokale Einkommen geschätzt. Im Anschluss wurden die Ergebnisse genutzt, um die Wirkungen der in den kommenden Jahren zu erwartenden klimatischen Veränderungen zu berechnen. Dabei ist zu beachten, dass etwaige Klimaanpassungsmaßnahmen zur Abmilderung von Schäden nicht berücksichtigt werden. Die Ergebnisse stellen somit potenzielle Kosten dar.

Prognostizierte Einkommensveränderungen im Jahr 2049 im Vergleich zu einer Wirtschaft ohne Klimawandel

Die Einkommensveränderungen sind eine Folge der bereits verursachten Emissionen.

Grafik Prognostizierte Einkommensveränderungen im Jahr 2049 im Vergleich zu einer Wirtschaft ohne Klimawandel Bild vergrößern

Die geschätzten Effekte können sich durch viele verschiedene Wirkungskanäle ergeben, die im Rahmen der Methode allerdings nicht separat ausgewiesen werden. Als mögliche Wirkungskanäle beschreiben die Forschenden z. B. Effekte auf Arbeits- und Landwirtschaftsproduktivität, gesundheitliche Folgen oder Flutschäden. Da es möglich ist, dass sich klimatische Veränderungen nicht in allen Weltregionen gleichermaßen auswirken beziehungsweise es so genannte heterogene Effekte geben kann, haben die Forschenden die Wirkung nach klimatischen Ausgangsbedingungen differenziert. Separate Effekte für Industrie- und Schwellen- oder Entwicklungsländer wurden darüber hinaus jedoch nicht geschätzt. Ergebnisse für deutsche oder europäische Regionen leiten sich somit aus durchschnittlichen Effekten von Regionen mit ähnlichen Klimabedingungen ab.

Im Vergleich zu anderen regressionsbasierten Studien fallen die aktuellen Schätzungen des PIK relativ hoch aus. Die Forschenden führen dies insbesondere auf zwei methodische Aspekte beziehungsweise Neuerungen zurück. Zum einen untersuchen sie im Vergleich zu einigen anderen Studien nicht nur Veränderungen der Durchschnittstemperatur, die sich im Zuge des Klimawandels ergeben, sondern auch weitere klimatische Effekte wie Temperaturschwankungen und Niederschlagsveränderungen. Ihren Ergebnissen nach erhöht diese Berücksichtigung die geschätzten Kosten des Klimawandels um etwa 50 Prozent. Der zweite wesentliche Unterschied zu Studien, die niedrigere Kosten – oft prozentual zum BIP im einstelligen Bereich – finden, besteht in der Modellierung von Niveau- beziehungsweise Wachstumseffekten. In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur besteht bisher Uneinigkeit darüber, ob Klimaveränderungen wie z. B. die Erhöhung der Durchschnittstemperatur um eine bestimmte Gradzahl das wirtschaftliche Wachstum nur schockartig z. B. nur in einem Jahr beeinflusst (so genannter Niveaueffekt), oder ob eine solche einmalige Klimaveränderung langfristige Auswirkungen auf Wachstumsraten hat. Wird Letzteres angenommen, kumulieren sich die Kosten über die Zeit deutlich. Die PIK-Studie stellt fest, dass in den Daten eine gewisse Persistenz zu finden ist. Die empirische Vorgehensweise unterstellt dennoch keinen Effekt, der sich ins Unendliche fortsetzt.

Schätzungen aus BMWK-Studie fallen vergleichsweise niedrig aus

Eine Studie im Auftrag des BMWK hat die durch den Klimawandel entstehenden wirtschaftlichen Kosten speziell für Deutschland bis zum Jahr 2050 geschätzt (Flaute et al., 2022). Die Ergebnisse fallen im Vergleich zur PIK-Studie deutlich geringer aus. So weist die BMWK-Studie je nach Klimawandelszenario kumulierte Gesamtkosten zwischen 280 und 900 Milliarden Euro aus. Für die jährlichen Kosten in 2050 ergeben sich demnach Beträge in Höhe von 20 bis 70 Milliarden Euro beziehungsweise 0,6 bis 1,8 Prozent des BIP. Im Vergleich zur PIK-Studie wurde hier der bereits genannte Bottom-Up-Ansatz verfolgt. Dabei wurden konkrete Klimawirkungen betrachtet und deren direkte, ökonomische Wirkung in spezifisch abgegrenzten Handlungsfeldern auf Basis von bisherigen Forschungsergebnissen abgeleitet (vgl. Tabelle). Beispielsweise wurden auf Basis bisheriger Forschung zu erwartende klimabedingte Ertragsausfälle in der Landwirtschaft in steigende Preise für landwirtschaftliche Produkte übersetzt und als Input in ein gesamtwirtschaftliches Modell eingespeist. Auf Basis des Modells wurden dann die gesamtwirtschaftlichen Kosten, die auch indirekte Effekte z. B. durch Nachfrageanpassungen oder Handelsverflechtungen und internationale Wertschöpfungsketten einschließen, errechnet. Zahlreiche ökonomisch bedeutsame Wirkungskanäle sind allerdings noch unzureichend empirisch untersucht und können daher nicht oder lediglich auf Basis von theoretischen Annahmen in der Modellierung dargestellt werden. Die Autorinnen und Autoren der Studie betonen deshalb, dass die berechneten Summen lediglich eine Untergrenze für die erwartbaren Kosten durch den Klimawandel darstellen können, da nur die explizit identifizierten Wirkungskanäle berücksichtigt werden konnten.

Berücksichtigte Klimawandeleffekte in der Studie im Auftrag des BMWK

HandlungsfeldKlimawirkung
LandwirtschaftErtragsausfälle
Wald- und ForstwirtschaftNutzfunktion: Holzertrag
Küsten- und MeeresschutzBeschädigung oder Zerstörung von Siedlungen und Infrastruktur an der
Küste
BauwesenSchäden an Gebäuden aufgrund von Starkregen
BauwesenSchäden an Gebäuden aufgrund von Flusshochwasser
Verkehrsinfrastruktur/Industrie und GewerbeSchiffbarkeit der Binnenschifffahrtstraßen (Niedrigwasser)/Beeinträchtigung
des Warenverkehrs über Wasserstraßen (Inland)
Industrie und GewerbeBeeinträchtigung der Versorgung mit Rohstoffen und Zwischenprodukten
(international)
Menschliche GesundheitAuswirkungen auf das Gesundheitssystem

Quelle: Flaute et. al, (2022)

Klimaschutz bleibt notwendige Voraussetzung, um zukünftige Kosten zu reduzieren

Die abweichenden Ergebnisse zu den Kosten des Klimawandels spiegeln die grundsätzliche Schätzunsicherheit wider, die sich u. a. durch methodische Unterschiede in der Berechnung, aber auch durch die vielfältigen Effekte und Wirkungskanäle für die Wirtschaft ergeben. Gleichzeitig können die unterschiedlichen Schätzansätze sich auch gegenseitig ergänzen, etwa indem ökonometrische Studienergebnisse künftig zu einer besseren empirischen Fundierung von Bottom-Up-Ansätzen und der Darstellung von nicht ausreichend berücksichtigten Wirkungskanälen genutzt werden können. Auf diese Weise kann mit fortschreitender Forschung die Schätzunsicherheit zumindest reduziert werden.

In jedem Falle wird deutlich, dass für die kommenden Jahre von hohen Kosten auszugehen ist. Dies gilt umso mehr, als schwer quantifizierbare Kosten wie der Verlust von Biodiversität in den Schätzungen noch nicht berücksichtigt sind. Darüber hinaus werden die zu erwartenden Kosten meist auf Basis von historisch beobachteten, geringen und regionalen klimatischen Veränderungen extrapoliert. Die Forschenden des PIK weisen darauf hin, dass mögliche Kipppunkte und damit gegebenenfalls einhergehende überproportionale Kostensteigerungen ebenfalls nicht berücksichtigt sind.

Die Studie der PIK-Forschenden betont, dass sich die geschätzten Kosten bis zum Jahr 2049 aus bisherigen Emissionen ergeben und somit trotz Klimaschutzmaßnahmen in den kommenden Jahren entstehen dürften. Für die zweite Hälfte des Jahrhunderts seien aktuelle Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen jedoch entscheidend. So weichen Schadensschätzungen je nach Emissionsszenarien für die Zeit nach 2050 stark voneinander ab. Ohne ausreichende Maßnahmen zur Begrenzung von Treibhausgas-Emissionen könnten die wirtschaftlichen Kosten bis zum Jahr 2100 noch deutlich über die Schäden bis Mitte des Jahrhunderts hinausgehen. Bereits die Schäden bis 2049 seien jedoch sechsmal höher als die Vermeidungskosten zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf zwei Grad. Investitionen in ambitionierten Klimaschutz bleiben daher eine notwendige Voraussetzung, um die materiellen und immateriellen Kosten des Klimawandels zu begrenzen. Dies setzt insbesondere die internationale Umsetzung und Kooperation beim Klimaschutz voraus.

In den kommenden Jahren wird aber auch der Anpassung an den Klimawandel eine wichtige Rolle zukommen. Während die Studie der PIK-Forschenden einen möglichen kostendämpfenden Effekt von entsprechenden Maßnahmen nicht quantifiziert, zeigt die Studie des BMWK, dass einzelne Schäden in Deutschland dadurch gemindert werden könnten. Neben einem novellierten Klimaschutzgesetz tritt im Sommer 2024 daher erstmals ein bundesweites Klimaanpassungsgesetz in Kraft, das die Voraussetzungen dafür schafft, Deutschland langfristig in allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen klimaresilient zu machen und die volkswirtschaftlichen Folgekosten extremer Wetterereignisse möglichst gering zu halten.

KONTAKT & MEHR ZUM THEMA

Referat: IC-WA – Wirtschaftspolitische Analyse, Wohlfahrtsindikatorik

schlaglichter@bmwk.bund.de

Kotz, M., Levermann, A. and L. Wenz (2024). „The economic commitment of climate change”, Nature 826, 551-557: www.nature.com/articles/s41586-024-07219-0

Newell, R. G., Prest, B. and S. E. Sexton (2021). „The GDP-temperature relationship: implications for climate change damages”. Journal of Environmental Economics and Management 108, 102445: www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0095069621000280

Flaute, M., Reuschel S. und B. Stöver (2022). „Volkswirtschaftliche Folgekosten durch Klimawandel: Szenarioanalyse bis 2050“, Studie im Rahmen des Projektes Kosten durch Klimawandelfolgen in Deutschland, GWS Research Report 2022/02: papers.gws-os.com/gws-researchreport22-2.pdf

Gesamtstudie „Kosten durch Klimawandelfolgen in Deutschland“ von Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), Prognos und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) im Auftrag des BMWK: www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Klimaschutz/kosten-klimawandelfolgen-in-deutschland.html