IN KÜRZE

Im ersten Quartal 2024 ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland gegenüber dem Vorquartal preis-, kalender- und saisonbereinigt um 0,2 % gestiegen.

Wachstumsimpulse gingen von den Bauinvestitionen (witterungsbedingt) sowie dem Außenhandel aus.

Die Binnennachfrage stagnierte hingegen angesichts schwacher privater und öffentlicher Konsumausgaben sowie rückläufiger Ausrüstungsinvestitionen.

Die Bruttowertschöpfung nahm insgesamt um 0,3 % zu. Insbesondere das Baugewerbe konnte ein deutliches Plus verbuchen.

Für den weiteren Jahresverlauf mehren sich die Anzeichen für eine konjunkturelle Belebung.

Das Statistische Bundesamt hat am 24. Mai detaillierte Ergebnisse zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal 2024 veröffentlicht. Im Ergebnis hat sich die preis-, kalender- und saisonbereinigte Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorquartal um 0,2 % erhöht, nachdem sie im ersten Quartal deutlich zurückgegangen war (-0,5 %). Damit bestätigte das Amt seine Schnellschätzung vom 30. April.

Uneinheitliche Entwicklung der Wertschöpfung

Auf der Entstehungsseite des BIP nahm die Bruttowertschöpfung im ersten Quartal preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,3 % zu. Dabei spielten auch witterungsbedingte Sondereffekte eine Rolle, die für einen kräftigen Anstieg im Bausektor um 2,5 % sorgten.

Tabelle: Eckwerte der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland Bild vergrößern

Andere gewichtige Bereiche wie das Verarbeitende Gewerbe (+0,2 %) und der Dienstleistungssektor insgesamt (+0,4 %) konnten ebenfalls leicht zulegen.

In den Dienstleistungsbereichen verlief die Entwicklung uneinheitlich: Öffentliche Dienstleister, Erziehung und Gesundheit (+1,1 %) sowie sonstige Dienstleister (+0,9 %) konnten deutliche Zuwachsraten verzeichnen. Demgegenüber wurde die Wertschöpfung konsumnaher Bereiche wie Gastgewerbe (-0,5 %) und Verkehr (-0,1 %) von der Konsumzurückhaltung der privaten Haushalte gedämpft.

Grafik: Wachstum des Bruttoinlandsprodukts Bild vergrößern

Wachstumsimpuls vom Außenhandel

Auf der Verwendungsseite des BIP stammte der maßgebliche Wachstumsimpuls vom Außenhandel. Bei anlaufender Weltkonjunktur konnten die Exporte mit +1,1 % stärker zulegen als die Importe mit +0,6 %. Dadurch ergab sich ein positiver Außenbeitrag (Wachstumsbeitrag Exporte abzüglich Importe) von +0,3 Prozentpunkten.

Zusätzlich machte sich der vergleichsweise milde Winter zu Jahresbeginn als Sondereffekt bei den Bauinvestitionen bemerkbar, die sich um kräftige 2,7 % erhöhten. Insgesamt legten die Bruttoanlageinvestitionen jedoch nur um 1,2 % zu. Die Ausrüstungsinvestitionen gingen bei unterdurchschnittlicher Kapazitätsauslastung der Investitionsgüterproduzenten um 0,2 % zurück. Maßgeblich verantwortlich dafür dürfte die anhaltend hohe Unsicherheit aufgrund der geopolitischen Konflikte gewesen sein. Zudem dürfte ein Sondereffekt im Zusammenhang mit dem Auslaufen der Förderung von gewerblichen E-Kfz („Umweltbonus“) im vergangenen Herbst, der damals zu Vorzieheffekten geführt hatte, die Ausrüstungsinvestitionen gedämpft haben.

Der private Konsum wie auch der Staatskonsum gingen jeweils um 0,4 % zurück, nachdem sie sich zum Jahresende 2023 erholt hatten. Insgesamt stagnierte die Binnennachfrage damit (+0,0 %).

Zahl der Erwerbstätigen weiter gestiegen

Die konjunkturelle Belebung machte sich auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar: Die Zahl der Erwerbstätigen nahm weiter leicht zu. Die Wirtschaftsleistung wurde im ersten Quartal 2024 von rund 45,8 Millionen Erwerbstätigen erbracht. Das waren 129.000 Personen oder 0,3 % mehr als ein Jahr zuvor und stellt einen neuen Höchststand dar.

Die durchschnittlichen geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen gingen gegenüber dem Vorjahresquartal nach vorläufigen Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) um 0,8 % zurück. Dazu beigetragen hat auch ein Kalendereffekt infolge der frühen Osterfeiertage. Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen (Produkt aus Erwerbstätigenzahl und geleisteten Stunden je erwerbstätiger Person) verringerte sich im gleichen Zeitraum um 0,6 %.

Die nominalen Arbeitnehmerentgelte sind den aktuellen Berechnungen zufolge kräftig um 6,2 % gestiegen. Die Nominallöhne (Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen) wiesen im ersten Quartal mit einem Zuwachs um 6,4 % gegenüber dem Vorjahresquartal den zweithöchsten Anstieg seit Beginn der Zeitreihe 2008 auf. Infolge der rückläufigen Inflationsrate stiegen die Reallöhne im gleichen Zeitraum um 3,8 %, dem stärksten seither gemeldeten Zuwachs. Dabei konnte das Fünftel mit den geringsten Verdiensten (1. Quintil) mit einem durchschnittlichen Nominallohnwachstum von 8,8 % die stärksten Verdienststeigerungen verzeichnen. Ursächlich für den starken Zuwachs der Nominal- beziehungsweise Reallöhne waren neben den beschlossenen Lohnsteigerungen die steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleichsprämien in Tarifverträgen, die im ersten Quartal 2024 an viele Beschäftigte ausgezahlt wurden.

Die durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer verzeichneten ebenfalls erneut einen kräftigen Zuwachs um 6,1 % gegenüber dem Vorjahr. Da sich auch die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhöhte, stiegen die Bruttolöhne und -gehälter insgesamt mit 6,5 % noch etwas stärker. Infolge der steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleichsprämien fiel das Plus bei den Nettolöhnen und -gehältern je Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer mit +7,1 % noch deutlicher aus.

Die Unternehmens- und Vermögenseinkommen verringerten sich hingegen um 5,7 %. Dadurch stieg das Volkseinkommen binnen Jahresfrist um 2,2 %.

Die Zuwachsrate der nominalen privaten Konsumausgaben betrug 2,9 % gegenüber dem Vorjahresquartal. Das nominal verfügbare Einkommen stieg demgegenüber erneut etwas kräftiger (+4,8 %). Daraus resultiert ein Anstieg der Sparquote auf 14,9 %, dem höchsten Wert seit dem zweiten Quartal 2021.


Positive Aussichten für weiteren Jahresverlauf

Die vom Statistischen Bundesamt gemeldeten Daten entsprechen der Einschätzung der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung vom 24. April. Demnach wurde mit einer sich zu Jahresbeginn abzeichnenden konjunkturellen Erholung gerechnet.

Neben der erstarkenden Auslandsnachfrage beruht dieser Aufschwung allerdings auch auf (erwartbaren) Sondereffekten im Bausektor und der Industrie. Günstige Witterungsverhältnisse und Aufholeffekte nach einem hohen Krankenstand zum Jahresende 2023 dürften die positive Entwicklung im Produzierenden Gewerbe überzeichnet haben.

In Hinblick auf den schwachen Verlauf des privaten Verbrauchs und der Ausrüstungsinvestitionen legen verbesserte Umfrageergebnisse von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie von Unternehmen eine Aufhellung nahe. Im weiteren Jahresverlauf dürften nachlassender Inflationsdruck, steigende Realeinkommen, geldpolitische Lockerungen und zunehmende Impulse aus dem Außenhandel zu einer Erholung führen. Ein breiter, selbsttragender Aufschwung steht aktuell allerdings noch aus und die Risiken angesichts der geopolitischen Unsicherheiten bleiben nach wie vor hoch.