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Planetare Grenzen – ein wesentliches Konzept zur Gestaltung einer nachhaltigen Wirtschaftsordnung
Einleitung
Umwelt- und Klimaschutz haben angesichts der globalen Entwicklungen in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Eine im April veröffentlichte wissenschaftliche Studie schätzt etwa, dass das globale BIP pro Kopf im Jahr 2049 allein aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels um rund 19 Prozent niedriger ausfallen könnte (s. Kotz et al. (2024) sowie zugehöriger Schlaglichter-Artikel in der Juli-Ausgabe). Das hat auch für die Wirtschaftspolitik Konsequenzen – wie auch am jährlich veröffentlichten Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung abzulesen ist (s. u.). Der folgende Beitrag beleuchtet das wissenschaftliche Konzept der planetaren Grenzen aus einer wirtschaftspolitischen Perspektive. Dabei rückt die Frage in den Mittelpunkt, wie es dabei helfen kann, das Verhältnis von Ökonomie und Ökologie auszuleuchten, und welche Folgen sich für die Wirtschaftspolitik ergeben.
Was sind planetare Grenzen?
Das Konzept der planetaren Grenzen wurde erstmals im Jahr 2009 von einem naturwissenschaftlich geprägten Forschungsteam um den schwedischen Wissenschaftler und heutigen Direktor des Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) Professor Johan Rockström erarbeitet. Bis heute wird es fortlaufend weiterentwickelt. Das Konzept fasst Risiken für das menschliche Leben durch Veränderung der natürlichen Lebensgrundlagen zusammen. Es bildet Zustand und Entwicklung von neun Systemen, welche für das menschliche Leben auf der Erde essenziell sind (etwa Klimawandel, die Veränderungen im Süßwasserkreislauf oder die Ozeanversauerung), und deren Belastungsgrenzen ab (siehe Abbildung 1). Die Belastungsgrenzen sind jeweils durch Kontrollvariablen definiert und quantifiziert. So wird die planetare Grenze des Systems Klimawandel beispielsweise über die beiden Kontrollvariablen CO₂-Konzentration in der Atmosphäre und Strahlungsantrieb der Atmosphäre bestimmt.
Jenseits planetarer Grenzen steigt das Risiko von Kipppunkten
Planetare Grenzen markieren den Handlungsspielraum, um das Fortbestehen der natürlichen Lebensgrundlagen für die moderne Menschheit zu sichern: Wird eine planetare Grenze überschritten, steigt das Risiko, dass Kipppunkte erreicht werden. An einem Kipppunkt können bereits kleinste Veränderungen in den lebenserhaltenden Erdsystemen abrupte Veränderungen auslösen, die nicht mehr aufgehalten bzw. rückgängig gemacht werden können (Irreversibilität), und somit das ganze System zum Kippen bringen. Kipppunkte vorherzusagen ist aufgrund der Komplexität des Erdsystems extrem schwierig; Prognosen sind kaum möglich und mit starken Unsicherheiten behaftet. Das Risiko, dass ein Kipppunkt erreicht wird, steigt jedoch, je weiter die planetaren Grenzen überschritten werden. In diesem Sinne folgt das Konzept der planetaren Grenzen dem Vorsorgeprinzip: Solange planetare Grenzen nicht überschritten werden, sind die Risiken für die natürlichen Lebensgrundlagen gering.
In ihrer jüngsten Analyse sehen Richardson et al. (2023) sechs der benannten neun planetaren Grenzen aufgrund anthropogener Umweltbelastungen als überschritten an. Demnach befinden sich vier Systeme davon sogar in der Zone, in der das Risiko hoch ist, Kipppunkte zu überschreiten (vgl. Abbildung 1). Betrachtet man beispielhaft die Erdsystemänderung „Klimawandel“, liegt die planetare Grenze entsprechend der Kontrollvariable CO₂-Atmosphärenkonzentration bei 350 ppm. Dies entspricht in etwa einer Erderwärmung von 1 °C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Bei einer Erderwärmung von 2 °C (entspricht 450 ppm) hingegen beginnt bereits die Zone des hohen Risikos. Der (umfassenderen) Kontrollvariable „Strahlungsantrieb“ zufolge ist nach Richardson et al. (2023) hinsichtlich der Klimaerhitzung bereits die Zone des hohen Risikos erreicht.
Weitere Forschung und Analysen notwendig
Die erdsystemwissenschaftliche Forschung ermöglicht kontinuierliche Fortschritte in der Quantifizierung einiger Kontrollvariablen sowie eine bessere Abschätzung der Folgen der Überschreitung von planetaren Grenzen (vgl. Richardson et al., 2023). Gleichzeitig haben Rockström et al. (2009) darauf hingewiesen, dass sich die Definition eines sicheren Handlungsspielraumes nicht eins zu eins naturwissenschaftlich ableiten lässt. Grund dafür ist u. a., dass das, was als sicherer Abstand zu Kipppunkten gelten kann, auch von gesellschaftlich variierenden Umgangsweisen mit Unsicherheit sowie institutionellen Pfadabhängigkeiten abhängt. Entsprechend monierten Kritiker aus der Wissenschafts- und Technologieforschung den Mangel an gesellschaftlichem Diskurs und Einbeziehung lokaler Stakeholder in der Erarbeitung der planetaren Grenzen. Darüber hinaus kritisierten Erdsystemwissenschaftler am Konzept der planetaren Grenzen, dass es Prozesse erfasst, die regional stattfinden wie beispielsweise Biodiversitätsverlust und Landnutzungsänderung (im Gegensatz zum Klimawandel) und die in ihrer Gesamtheit bislang wenig Evidenz für Kippverhalten auf globalem Niveau aufweisen. Es sei demnach unklar, ob Veränderungen in diesen regionalen Subsystemen tatsächlich eine Veränderung der Funktionsweise globaler Systeme herbeiführen könnten (vgl. Biermann/ Kim, 2020, S. 501-504).
Darüber hinaus sind weitere Aspekte zur besseren Einordnung des Konzepts der planetaren Grenzen wichtig:
Die planetaren Grenzen sollten nicht isoliert voneinander betrachtet werden, da die verschiedenen Systeme miteinander in Zusammenspiel stehen. Die Überschreitung einer planetaren Grenze kann nicht nur zur fundamentalen Änderung der Funktionsweise des betreffenden Systems, sondern auch der weiteren Systeme führen.
Der Fokus des Konzeptes der planetaren Grenzen liegt auf globalen Umweltgütern und damit auf der planetaren Ebene. Regional können sich dabei große Unterschiede ergeben.
Der Erkenntnisstand zu einzelnen Systemveränderungen und deren adäquaten Messung ist noch unvollständig. Modellierungen zu Interaktionen zwischen den verschiedenen Systemen sind noch nicht ausreichend verfügbar.
Wie lässt sich das Konzept der planetaren Grenzen mit ökonomischem Denken in Einklang bringen?
Das Konzept der planetaren Grenzen basiert auf naturwissenschaftlicher Evidenz zu Risiken für menschliche Lebensgrundlagen. Es liefert somit eine wissenschaftliche Grundlage, die auch im Hinblick auf Wechselwirkungen zwischen menschlichem Handeln und Umweltproblemen gegenüber anderen Ansätzen überzeugt. Im Gegensatz zu einem Leitbild, in dem Naturschutz einen vermeintlichen Naturzustand bewahren soll, steht beim Konzept der planetaren Grenzen die Sicherheit menschlicher Lebensgrundlagen im Vordergrund. Dabei gilt es, Grenzen eines sicheren Handlungsspielraums zu identifizieren, die auch technologische und innovative Entwicklungen berücksichtigen.
Aus wirtschaftspolitischer Perspektive stellt sich die Frage, wie sich das Konzept mit dem ökonomischen Denken zu umweltpolitischen Fragestellungen in Einklang bringen lässt. Herkömmliche makroökonomische Modelle berücksichtigen Risiken, die sich aus dem Konzept planetarer Grenzen ergeben, bislang nicht. Ökologische Faktoren sind in den letzten Jahrzehnten in den Wirtschaftswissenschaften jedoch zunehmend berücksichtigt worden.
Die Berücksichtigung planetarer Grenzen in der Umweltökonomik – Ansatzpunkte und Herausforderungen
Die Umweltökonomik als eine Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaften identifiziert Umweltprobleme als einen Ausdruck von Marktversagen. Das Marktversagen besteht darin, dass die sozialen Kosten der jeweiligen Umweltverschmutzung in den Preisen vieler Güter und Dienstleistungen nicht enthalten sind (negative Externalität) und somit für die privatwirtschaftliche Entscheidungsfindung nicht oder nur unter bestimmten Annahmen berücksichtigt werden. Es kommt zu einer gesamtwirtschaftlich ineffizienten Güterallokation. Durch einen richtig bemessenen Preisaufschlag, etwa durch eine spezifische Steuer, lässt sich die Externalität theoretisch im Markt abbilden und das Marktversagen korrigieren. Auch die Risiken, die durch das Überschreiten planetarer Grenzen entstehen, bedeuten soziale Kosten im Sinne des Marktversagens. Neben der ohnehin nur schwer quantifizierbaren genauen Höhe von Umweltschäden besteht mit Blick auf das Konzept der planetaren Grenzen allerdings zudem die besondere Schwierigkeit, die nicht-linearen und sprunghaften Anstiege der sozialen Kosten sowie deren Eintrittswahrscheinlichkeit korrekt abzuschätzen.
Darüber hinaus arbeiten Umweltökonomen schon seit Jahzehnten daran, mit sogenannten Integrated Assessment Models (IAMs) im Sinne einer wohlfahrtsökonomischen Kosten-Nutzen-Analyse Rückschlüsse auf das ideale Ambitionsniveau beim Klimaschutz zu ziehen. Dabei bestehen jedoch in vielen Punkten erhebliche Unsicherheiten und unterschiedliche wissenschaftliche Einschätzungen. Daher besteht die Tendenz, planetare Systemveränderungen und damit verbundene potenziell katastrophale Auswirkungen, insbesondere infolge der Überschreitung planetarer Grenzen oder Kipppunkte, in solchen Modellen unberücksichtigt zu lassen. Mit jedem Jahr nimmt die Qualität der Daten und der Modelle jedoch weiter zu – so folglich auch das Wissen dazu, ab welchem Grad der Umweltbelastung auch unter Berücksichtigung kurzfristiger Nutzengewinne die Schäden für den Menschen eindeutig überwiegen. Entscheidend ist dabei häufig das Gewicht, das den Effekten in der Zukunft beigemessen wird. Denn mittel- und langfristig ließe sich auch der wirtschaftliche Wohlstand bei zunehmender Zerstörung der Ökosphäre, also der Gesamtheit der Ökosysteme der Erde, nicht aufrechterhalten.
Die Grenzen des Wachstums in der „Ökologischen Ökonomik“
Im Jahr 1972 veröffentlichte der Club of Rome, ein Zusammenschluss von Experten aus verschiedenen Disziplinen und Ländern, den vieldiskutierten Bericht „Die Grenzen des Wachstums“. Der Bericht sagt aus, dass dem Verbrauch und der Beanspruchung natürlicher Ressourcen und damit auch einem Wirtschaftswachstum, das auf immer weiter zunehmendem Ressourcenverbrauch basiert, absolute Grenzen gesetzt sind. Ausgehend von der hieraus ausgelösten Diskussion hat sich in den letzten Jahrzehnten in den Wirtschaftswissenschaften – neben der neoklassisch geprägten Umweltökonomik – der Zweig der „Ökologischen Ökonomik“ herausgebildet. Hier werden Aspekte der planetaren Grenzen bzw. der Ökosphäre in die ökonomischen Modelle eingebettet (siehe Abbildung 2). Diese bilden ab, dass die Wirtschaft zur Produktion Materie und Energie der Ökosphäre verwendet und diese in Produkte umwandelt, die später als Abfallstoffe wiederum in der Ökosphäre landen. Zwar ließen sich Abfallstoffe und der Ressourcenverbrauch durch Recycling und zirkuläres Wirtschaften vermeiden, ein vollständiges Recycling benötige aber die Zuführung weiterer Energie. Entsprechend könnten die Ressourcen und das Auffangpotenzial der Ökosphäre nur bis zu einem bestimmten Niveau beansprucht werden, ohne die Funktionsweise lebensunterstützender Ökosysteme zu gefährden. Die zentrale Aussage dieser Modelle ist, dass dem Energie- und Materialverbrauch in einer Wirtschaft durch die ökologischen Kapazitäten Grenzen gesetzt sind.
Gesunde Ökosysteme als Naturkapital
Auch in dem vom britischen Finanzministerium beauftragten umfassenden Bericht zur ökonomischen Bedeutung der Ökosysteme („The Economics of Biodiversity: The Dasgupta Review“) wird der herkömmliche Ansatz, das menschliche Wirtschaften als externes, von der Ökologie losgelöstes System zu betrachten, kritisiert. Der Bericht wirbt für eine integrative Betrachtung und ein erweitertes Verständnis von Reichtum, das neben Humankapital und produziertem Kapital auch das Naturkapital umfasst. Naturkapital müsse demnach in die Bemessung von Vermögen einfließen, um in ökonomischen und finanziellen Entscheidungen adäquat berücksichtigt zu werden. Eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung erfordere, dass die Nachfrage nach bzw. Inanspruchnahme der Natur deren regenerative Kapazität nicht übersteigt. Es solle darüber hinaus sichergestellt werden, dass das Naturkapital gegenüber dem aktuellen Niveau erhöht wird.
Exkurs: Ökologische Grenzen und Wohlfahrtsmessung im JWB
In der Wohlfahrtsmessung des JWB stellt die Ökologie einen von vier Bereichen dar. Unter der Überschrift „Ökologische Grenzen“ werden neun verschiedene Indikatoren (Stand: JWB 2024) und deren Entwicklung in den vergangenen Jahren betrachtet. Ziel der Auswahl ist es, mittels aussagekräftiger Leitindikatoren eine möglichst breite thematische Abdeckung zu erreichen. Hierbei wird auch das Konzept der planetaren Grenzen berücksichtigt, denn der Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen (siehe auch Staatszielbestimmung in Artikel 20a Grundgesetz) als Voraussetzung für nachhaltigen materiellen Wohlstand und subjektives Wohlergehen setzt die Wahrung der planetaren Grenzen voraus – auf globaler wie auf lokaler Ebene. So spiegeln sich fünf planetare Grenzen mit den folgenden Indikatoren im Indikatorenset wider: Treibhausgas-Emissionen (Klimaerhitzung), Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche (Landnutzung), Artenvielfalt und Landschaftsqualität (Integrität der Biosphäre), Emissionen von Luftschadstoffen (Belastung der Atmosphäre mit Aerosolen) sowie Nitratminderung im Grundwasser (biogeochemische Flüsse). Diese Indikatoren entsprechen gleichsam den Umweltmedien Klima, Boden, Tier- und Pflanzenwelt, Luft und Wasser. Auch die anderen Indikatoren Investitionen der Industrie in Maßnahmen für den Klimaschutz, Anteil erneuerbarer Energien am Brutto-Endenergieverbrauch, Endenergieproduktivität und Endenergieverbrauch sowie Gesamtrohstoffproduktivität lassen sich unter einer oder mehreren planetaren Grenzen subsumieren, sie beinhalten aber ebenfalls eine geoökonomische Komponente (insb. Reduzierung der Abhängigkeiten bzw. Kostenrisiken bei Energieträger- und Rohstoffimporten, Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit). Da das Indikatorenset stetig überprüft und weiterentwickelt wird, ist die derzeitige Auswahl nicht abschließend. So soll im Jahreswirtschaftsbericht 2025 auf Basis der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) ein Indikator zur Kreislaufwirtschaft ergänzt werden.
Lokale, nationale, supranationale und internationale Lösungen erforderlich
Die Herausforderung, planetare Grenzen wirtschaftspolitisch zu berücksichtigen, besteht nicht zuletzt in deren globaler Dimension. Dabei unterscheiden sich die Maßnahmen zum Schutz der planetaren Grenzen in ihrer lokalen gegenüber der globalen Wirksamkeit. So haben der Klimawandel, die Versauerung der Meere, der Ozonverlust in der Atmosphäre und die Ausbringung neuer Substanzen ungeachtet der Verursacherquelle globale Auswirkungen. Andere lebenserhaltende Systeme wie die Biodiversität oder die Bodenqualität sind lokal beeinflussbar. Gleichzeitig ist auch der Schutz einzelner, global lebenserhaltender Ökosysteme wie Regenwälder auf nationale Gesetzgebung und Schutzmaßnahmen angewiesen. Daraus ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an effektive Maßnahmen auf lokaler, nationaler, supranationaler und internationaler Ebene.
Weiterentwicklung der europäischen Wirtschaftsordnung als Reaktion auf ökologische Herausforderungen
Der Klimawandel ist diejenige Dimension der planetaren Grenzen, die wirtschaftspolitisch bislang am stärksten beachtet wird. Diese hervorgehobene Rolle kann – neben spürbaren Risiken – auch dadurch erklärt werden, dass der Klimawandel viele der anderen planetaren Grenzen in besonderem Maße negativ betrifft. Gleichzeitig lassen sich im Fall des Klimawandels Ursache(n) und Zielwerte (Treibhausgasemissionen) vergleichsweise gut definieren. Mit dem 2015 von 195 Vertragsparteien unterzeichneten Übereinkommen von Paris besteht ein völkerrechtlicher Vertrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung. In der europäischen und deutschen Gesetzgebung wurden Zielgrößen hinterlegt und mit dem europäischen Emissionshandel ein übergreifendes Instrument zur effizienten Emissionsreduktion eingerichtet. Die Bundesregierung trägt auch mit den nationalen Maßnahmen zur Einhaltung der Ziele im Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) dazu bei, dass Deutschland seinen vereinbarten Beitrag zu den EU-Klimazielen (EU-Klimagesetz und EU-Klimaschutz-VO (ESR)) erbringt und die Preissteigerungen im Emissionshandel politisch sowie sozial umsetzbar bleiben.
Neben dem Klimawandel erfordern auch andere planetare Grenzen wie bspw. die Biodiversität ein wirksames und vielschichtiges Instrumentarium. Auch bei der Biodiversität gibt es einen globalen völkerrechtlichen Vertrag (Globaler Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal) sowie zahlreiche politische Ansatzpunkte. So soll in der EU die Biodiversität entweder direkt durch den Schutz von Lebewesen und biologischer Vielfalt (EU-Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, EU-Vogelschutzrichtlinie, EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten) oder indirekt durch Schutz vor schädlichen Einwirkungen (EU-Düngeprodukte-/Pflanzenschutzverordnung) erhalten bleiben. Artenvielfalt kommt der Bevölkerung unmittelbar auf der lokalen Ebene zugute.
Die Themen schadstofffreie Umwelt und Kreislaufwirtschaft zur Senkung des Ressourcenverbrauchs werden als Teil des European Green Deal adressiert (z. B. Änderung der Luftqualitätsrichtlinie, „Recht auf Reparatur“, Abfallrahmen-RL).
Ökologische Grenzen werden auch im Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung betrachtet
In der deutschen Wirtschaftspolitik finden Umwelt- und Klimaschutz sowie der Erhalt von Naturkapital bereits seit vielen Jahren Beachtung. Dementsprechend wurden umweltpolitische Aspekte erstmals in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre im Jahreswirtschaftsbericht aufgegriffen und haben seither stark an Bedeutung gewonnen. Dabei standen über viele Jahre lokale Umweltproblematiken, die sich entsprechend auf nationaler Ebene vor Ort auflösen lassen, im Vordergrund. Während hier in vielen Bereichen im Interesse des Gemeinwohls Erfolge erzielt werden konnten, bleiben der globale Schutz des Klimas und der Biodiversität sowie die Eindämmung der globalen Verschmutzung in einer hoch arbeitsteiligen und global vernetzten Wirtschaft bislang ungelöst. Im Jahreswirtschaftsbericht 2022 hob die Bundesregierung die Herausforderung der globalen Umweltgüter hervor und nahm dabei auch Bezug auf das Konzept der planetaren Grenzen und damit auf die neuere wissenschaftliche Evidenz zum Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Seitdem hat sich die Bundesregierung nicht zuletzt für viele der erwähnten Fortschritte auf EU-Ebene starkgemacht.
Doch was bedeuten die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse zu einzelnen globalen Belastungsgrenzen für einen Nationalstaat wie Deutschland? Wenngleich globale Umweltgüter vielfach nur durch internationale Kooperation und multilaterale Verträge effektiv geschützt werden können, ist es möglich und nötig, dass auch einzelne Staaten die erforderlichen Fortschritte oder Ziele definieren, die zur Wahrung der planetaren Grenzen notwendig sind. Das Klimaschutzgesetz ist hierfür ein konkretes Beispiel. Ein solches „Downscaling“ auf nationale Zielwerte kann jedoch nach unterschiedlichen Prinzipien erfolgen, etwa im Sinne einer gleichmäßigen Minderungslast pro Kopf, unter Beachtung historischer Entwicklungen, unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Entwicklungsstands oder nach aktuellem Beitrag an der Umweltbelastung. Gleichzeitig ist relevant, ob produktions- oder konsumorientierte Metriken für die Ermittlung der Umweltbelastung betrachtet werden. Nicht zuletzt gilt es, die komplexen Wirkungszusammenhänge der planetaren Grenzen und die bereits erwähnte unterschiedliche regionale Verteilung der Umweltexternalitäten in den Blick zu nehmen. Maßnahmen zur Wahrung der planetaren Grenzen haben oft auch positive Effekte auf die Lebensqualität vor Ort (z. B. im Fall von Biodiversität oder der Qualität der Böden). Gleichzeitig bestehen auf nationaler Ebene mitunter ökologische Ziele, die vor allem lokal von Bedeutung sind, etwa die Begrenzung bestimmter Luftschadstoffe. Auch aus diesen Gründen wird im Jahreswirtschaftsbericht die offenere Formulierung der ökologischen Grenzen verwendet. Der im Februar 2024 veröffentlichte Jahreswirtschaftsbericht (JWB) 2024 hält entsprechend fest:
„Die Bundesregierung hat sich auf den Weg gemacht, Wohlstand in Deutschland mittel- und langfristig unter Wahrung der ökologischen Grenzen sicherzustellen.“ Denn „die Folgen der Überschreitungen ökologischer Grenzen – u. a. Wetterextreme, gesundheitliche Beeinträchtigungen, Artensterben oder Wasserknappheit – beschränken sich nicht auf die weltweiten Ökosysteme, sondern gefährden letztlich auch den Wohlstand aktueller und künftiger Generationen in Deutschland.“
KONTAKT & MEHR ZUM THEMA
Referate: IA1 – Grundsatzfragen der Wirtschaftspolitik;
Biermann, F. und Kim, R.E., 2020: The boundaries of the planetary boundary framework: a critical appraisal of approaches to define a “safe operating space” for humanity. Annual Review of Environment and Resources, 45, S. 497-521. https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3716073.