Branchenskizze
Die Automobilindustrie ist gemessen am Umsatz die größte Branche des Verarbeitenden Gewerbes und der mit Abstand bedeutendste Industriezweig in Deutschland. Die Unternehmen der Branche erwirtschafteten im Jahr 2023 einen Umsatz von gut 564 Milliarden Euro und beschäftigten direkt knapp 780.000 Personen.
Die Fahrzeug- und Motorenhersteller tragen mehr als drei Viertel (458 Milliarden Euro) zum Gesamtumsatz der Automobilindustrie bei. Vom Branchenumsatz erwirtschafteten die Automobilzulieferer rund 16,3 Prozent (92,1 Milliarden Euro) und die Hersteller von Aufbauten und Anhängern rund 2,6 Prozent (14,5 Milliarden Euro). Zwei Drittel des Umsatzes (393 Milliarden Euro) erzielten die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie im Ausland, insbesondere auch in Ländern außerhalb der Europäischen Union.
Die Wertschöpfungsketten in der Automobilindustrie sind sehr stark ausdifferenziert. Die Fahrzeugfertigung erfordert den Zukauf von Teilen, Komponenten und Rohstoffen, sodass auch Branchen, die vordergründig wenig mit dem Automobilbau zu tun haben, an der Herstellung von Kraftfahrzeugen beteiligt sind und davon profitieren. Außerdem sind Ingenieurbüros, Autohändler, Werkstätten und Tankstellen, aber auch Anbieter weiterer Dienstleistungen rund um das Auto direkt oder indirekt von der Automobilkonjunktur abhängig.
Die vorrangig mittelständisch geprägten Zuliefererunternehmen erwirtschaften einen großen Teil der Wertschöpfung der Automobilindustrie am Standort Deutschland. Im Laufe der Jahre haben die Unternehmen hier Systemkompetenzen aufgebaut, um der zunehmenden Arbeitsteilung bei gleichzeitig verstärkter Zusammenarbeit in komplexen Liefernetzwerken von Fahrzeugherstellern und Zulieferern aus verschiedenen Industrie- und Dienstleistungszweigen gerecht zu werden. Diese charakteristisch enge Entwicklungs- und Systemlandschaft der deutschen Automobilindustrie unter Einbindung von externen Forschungseinrichtungen ist weltweit einzigartig.
Eine zentrale Säule des weltweiten Erfolgs der Automobilindustrie in Deutschland ist ihre Innovationsführerschaft. Nach Angaben des Branchenverbandes VDA investieren die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie im Zeitraum 2024 bis 2028 mehr als 280 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung (FuE). Im nationalen und internationalen Wettbewerb genießen vor allem qualitativ hochwertige Premiumfahrzeuge aus Deutschland ein hohes Ansehen. Die deutsche Automobilindustrie gilt hier als weltweiter Impulsgeber für Produkt- und Prozessinnovationen. Enge Unternehmensnetzwerke und intensive wissenschaftliche Kooperationen zwischen Automobilunternehmen und Forschungsinstituten sowie Hochschulen ermöglichen die fachübergreifende Entwicklung von einzigartigen Innovationen. Dies trägt entscheidend dazu bei, dass die Beschäftigung in der Automobilindustrie am Hochlohnstandort Deutschland seit über zwanzig Jahren auf einem hohen Niveau gehalten werden konnte. Das zeigt sich auch bei den Beschäftigten im Forschungsbereich. So sind über ein Viertel der Beschäftigten im Forschungsbereich der gesamten deutschen Wirtschaft in der Automobilbranche tätig. Im Jahr 2021 waren es 147.551 Beschäftigte (27 Prozent).
Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 4,1 Millionen Personenkraftwagen (Pkw) neu gebaut. Im selben Jahr wurden rund 10 Millionen Pkw deutscher Konzernmarken im Ausland produziert, wodurch auch im Inland Arbeitsplätze gesichert und neu geschaffen werden (zum Beispiel im FuE-Bereich und in der Modellentwicklung).
Der Automobilstandort Deutschland lebt von offenen Märkten und vom Export. Zuletzt (in 2023) wurden rund 76 Prozent der in Deutschland produzierten Pkw in andere Länder exportiert. Deshalb ist der Zugang zu Auslandsmärkten ein zentrales Thema für die deutsche Automobilindustrie. Allerdings erschweren immer mehr handelshemmende Maßnahmen die Lieferungen von Deutschland in Länder außerhalb Europas. Dies führt im Ergebnis zu einer Verzerrung des Wettbewerbs und die Einschränkungen des internationalen Warenverkehrs belasten die Industrie im Exportland ebenso wie die Konsumenten in den Importländern. Im Zuge der Globalisierung hat auch die deutsche Automobilindustrie neue Absatzmärkte erschlossen und zunehmend Werke in wachstumsstarken Regionen im Ausland errichtet. Zuletzt wurden Auslandsinvestitionen auch infolge von standort- und handelspolitischen Maßnahmen in Zielländern und angesichts zunehmender geopolitischer Risiken verstärkt, um Marktpositionen in Auslandsmärkten abzusichern. Aber auch die Einfuhren von Rohstoffen und verarbeiteten Produkten für die heimische Automobilproduktion waren in den vergangenen Jahren durch weltweite Schocks wie die Corona-Pandemie und Unterbrechungen von Lieferketten nachteilig betroffen. Die damit verbundenen Risiken sichert die Automobilindustrie in Deutschland verstärkt durch Inlandsinvestitionen in kritischen Bereichen (z. B. Batteriezellfertigung) ab.
Aufgrund ihrer international geprägten Wertschöpfungskette und ihrer hohen Exportquote ist die deutsche Automobilindustrie besonders von Lokalisierungsbestrebungen und zunehmenden Handelshemmnissen betroffen. Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet mit allem Nachdruck auf weltweit offene Märkte und fairen Marktzugang hin.
Ein weiterer Faktor zur Stärkung der Resilienz des deutschen Wirtschaftsstandortes ist die Diversifizierung von Liefer- und Rohstoffketten. Die Bundesregierung unterstützt die Unternehmen bei ihren Diversifizierungsbestrebungen, um so einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden.
Die Bundesregierung vertritt die Interessen des Wirtschaftsstandorts Deutschland in den Verhandlungen von multilateralen, plurilateralen, regionalen und bilateralen Freihandelsinitiativen der EU, zum Beispiel mit Japan, den Mercosur-Staaten oder Mexiko. Neben der Weiterentwicklung offener Märkte ist es wichtig, wettbewerbsverzerrende Handels- und Subventionspraktiken des Auslands abzuwehren und die handelspolitischen Schutzinstrumente der Welthandelsorganisation und der EU regelmäßig zu modernisieren. Durch Anti-Dumping-Maßnahmen und gemeinsame europäische Regeln für staatlich gelenkte Direktinvestitionen sollen europäische Unternehmen und Industriestandorte wirksamer gegen unfaire Wettbewerbssituationen geschützt werden.