Industrieland: Praxisbeispiel Chemiebranche

Ob Kühlerfrostschutz oder Superabsorper für Babywindeln: Ohne chemische Grundstoffe wie Olefine und Aromaten ließen sich eine Vielzahl von Dingen nicht herstellen, die längst nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken sind. Die Grundstoffe für diese Produkte werden in sogenannten Steamcrackern gewonnen. Die gigantischen Anlagen sind weltweit das Herz der Chemieindustrie. Sie stoßen jedoch klimaschädliches Kohlendioxid aus – allein in Deutschland jährlich 8,75 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 betrug der CO2-Ausstoß der deutschen chemischen Industrie rund 38,9 Millionen Tonnen.

Beim international agierenden Konzern BASF sollen diese Anlagen künftig klimaneutral werden. Statt Gas soll grüner Strom zum Einsatz kommen, um die Öfen der Steamcracker auf Betriebstemperatur zu bringen – Rohbenzin wird hier mithilfe von 850 Grad heißem Dampf in die benötigten Grundstoffe gespalten. „Gemeinsam mit unseren Partnern SABIC und Linde haben wir am Standort Ludwigshafen die weltweit erste Demonstrationsanlage gebaut, in der zwei Öfen im Industriemaßstab mit elektrischem Strom betrieben werden“, sagt Dr. Michael Reitz, Technology Manager bei BASF SE. „Die neu entwickelte eFurnace-Technologie hat das Potenzial, die Kohlendioxid-Emissionen um 90 Prozent zu reduzieren – verglichen mit konventionellen, gasbetriebenen Öfen.“

Seit April 2024 befindet sich die eFurnace-Technologie im Testbetrieb. Das Pilotprojekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit 14,8 Millionen Euro gefördert. „Mit dem Projekt betreten wir technisches Neuland“, so Reitz. „In den kommenden zwei Jahren checken wir die Anlage auf Herz und Nieren. Sie ist mit über 500 Sensoren ausgestattet, die uns darüber Aufschluss geben, wie der neue Produktionsprozess optimiert werden kann.“

Lars Kissau, Leiter Net Zero Accelerator BASF SE: „Die Elektrifizierung der Produktion wird einen wichtigen Beitrag leisten, um die Emissionen der Chemieindustrie zu verringern. Im Mix mit anderen Technologien wird sie dazu beitragen, sich dem Ziel von Netto-Null-Emissionen zu nähern.“ Bei BASF soll der grüne Strom für die elektrisch betriebenen Öfen künftig auch aus eigenen Windparks und Solaranlagen kommen.